»Im großen Kessel rühren«
Das Scale Up Lab der Freien Universität Berlin wird einer der ersten Mieter im FUHUB am Zukunftsort Berlin-Südwest
Rainer Haag, Professor für organische und makromolekulare Chemie an der Freien Universität Berlin (FU) © Wey
Das FUHUB verbindet modernste Büro- und Laboreinrichtungen © DRIVEN Investment GmbH
1- bis 5-l-Glasreaktor zur Herstellung und Verarbeitung chemischer Verbindungen unter kontrollierten Bedingungen © Boonya Thongrom, Daniel Kutifa
Die Bio- oder Life-Science-Forschung – insbesondere die Grundlagenforschung – bewegt sich oft auf der kaum vorstellbaren Nanometerskala. Die dort entstehenden Stoffe oder Strukturen sind meist für medizinische Anwendungen oder die Entwicklung neuer Materialien gedacht. Doch bevor diese Innovationen in der Industrie oder im Markt nutzbar werden, müssen sie im Gramm- oder Kilogrammmaßstab hergestellt werden können. Genau hier setzt das neue Scale Up Lab an.
„Wir wollen helfen, Forschungsergebnisse auf die Straße zu bringen“, sagt Rainer Haag, Professor für organische und makromolekulare Chemie an der Freien Universität Berlin (FU). Das Scale Up Lab wird ein zentraler Forschungsknotenpunkt im Zukunftsort Südwest – mit Strahlkraft weit über die Region hinaus. Dafür hat die FU als einer der ersten Mieter in der neuen Life-Science-Entwicklung FUHUB über 800 Quadratmeter Laborfläche über zehn Jahre angemietet. Der Umzug ist für den Frühsommer 2025 geplant.
Seit 2017 entwickelt die WISTA Management GmbH den fünf Hektar großen FUBIC-Campus an der Fabeckstraße in direkter Nachbarschaft zur FU, der technologieorientierten Start-ups und Unternehmen aus den Bereichen Life-Science, Gesundheitswirtschaft sowie Informatik Heimat bieten wird. Herz des Areals wird das von der WISTA gebaute Innovationszentrum FUBIC – darum herum verteilen sich weitere Grundstücke. Auf einem davon ist bereits das FUHUB entstanden.
Das FUHUB ist der erste Labor-Holzhybridbau mit Platin-Zertifizierung für nachhaltigen Bau in Deutschland und folgt dem Nur-Strom-Konzept des Standorts. Der Bauherr, die Driven Investment GmbH, hat Biodiversitätsdächer, Wärmepumpen und Regenwasser-Retention integriert. Auf 70 Prozent der Dachflächen sind Photovoltaikanlagen installiert. „So können wir dann auch im Betrieb nachhaltig sein, trotz hoher Anforderungen der Mieter an die Laborinfrastruktur, etwa bei Lüftung, den anliegenden Medien oder Aufzügen mit den entsprechenden Nutzlasten und Abmessungen für Laborgeräte“, so der Bauherr.
Das Forschungsteam von Professor Haag arbeitet im Rahmen des Berliner GreenChem-Transferraums mit dem Ziel, nachhaltige Lösungen für den Umgang mit Reststoffen zu finden und Rohstoffkreisläufe zu schließen. Dazu gehören die Entwicklung bioabbaubarer Materialien und Methoden zur Entfernung von Bakterien beziehungsweise polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) aus Wasser.
Auch biomedizinische Materialien sind ein zentrales Forschungsgebiet – mit einem besonderen Fokus auf Hydrogelen und Schleim. Im Projekt „StemGel“ wurde beispielsweise eine innovative Technologie entwickelt, um eine künstliche Umgebung für Stammzellen zu schaffen. In dieser können sich die Zellen optimal entwickeln und gezielt in verschiedene Zelltypen differenzieren. Dazu wird ein spezielles Hydrogel genutzt und im großen Maßstab im Scale Up Lab produziert.
Ein Hydrogel ist ein wasserhaltiges Material mit einer weichen, flexiblen Struktur – ähnlich wie Wackelpudding. Es kann große Mengen Wasser speichern und schafft damit ideale Bedingungen für das Wachstum von Zellen. Das Besondere an StemGel ist, dass dieses Hydrogel synthetisch und xenofrei ist – also ohne tierische Bestandteile auskommt.
Dieser „synthetische Pudding“ könnte künftig eine entscheidende Rolle in der Medizin spielen, unter anderem bei der Stammzellbehandlung. Die Vision: Defekte Zellen durch gesunde, aus Stammzellen gezüchtete Zellen ersetzen. „StemGel liefert mit seinem synthetischen ‚Schleim‘ wichtige Bausteine für eine mögliche Hydrogelmatrix“, erklärt Haag.
Damit diese neuen Materialien und Technologien in ausreichender Menge für Tests und Anwendungen verfügbar sind, braucht es eine Skalierung der Produktion – genau das wird im Scale Up Lab der FU ermöglicht. Dort werden künftig große Mischer und 10- bis 100-Liter-Reaktoren zum Einsatz kommen. „Wir wollen jetzt mit grüner Chemie im großen Kessel rühren“, sagt Professor Haag.
Rico Bigelmann für POTENZIAL
- FUHUB Berlin | Office- & Laborflächen (fuhub-berlin.com)
- We are Driven – Neues Denken für die Immobilienentwicklung (driven-investment.com)