"Im ersten Jahr ist man tot, im zweiten leidet man Not und im dritten isst man Brot"
Cruso GmbH zieht nach einem Jahr Bilanz
Seit einem Jahr ist Marco Köhler mit seinem GPS-Stadtführer cruso am Markt. Zwei Arbeitskollegen, Felix Holzky und Matthias Tief, holte er gleich mit ins Boot. Das Trio kündigte vor drei Jahren die Jobs beim Fraunhofer Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik, um im eigenen Büro in Berlin-Adlershof die Hardware und Software für den Cruso zu entwickeln. Sie bereiteten eine spezielle Fußgänger-Kartierung vor und sorgten für Audio-Inhalte. Radiojournalisten schrieben Texte für über 300 Sehenswürdigkeiten, die von Profi-Sprechern vertont und mit passender Musik unterlegt wurden.
Digitaler Reisebegleiter
Seit einem Jahr cruisen Berlin-Besucher mit dem informationsgespickten Guide durch die Metropole. Er navigiert die Neulinge nicht nur, sondern lotst sie wahlweise auch über diverse Sightseeing-Routen. Der schlaue Kasten erkennt sogar, in welche Richtung man gerade blickt - das Display dreht automatisch mit. Zwölf Euro kostet der digitale Begleiter am Tag. Nachdem in Berlin schon über 3 000 Besucher den Guide samt Kopfhörer ausprobiert haben und in München eine weitere Verleihstation eröffnet ist, wollen die Gründer nun auch Hamburg und Dresden ins Programm nehmen. Das Ziel ist ein Franchise-System. "Kooperationen mit Hotels, Reiseveranstaltern und Stadtvermarktern sind schon festgezurrt", sagt Köhler. Im nächsten Jahr peilt die Berliner Firma an, 5 000 Exemplare zu verkaufen, dann soll auch eine schwarze Null geschrieben werden. Köhler, äußerst bodenständig, hält es für die Geschäftsentwicklung mit dem Satz: "Im ersten Jahr ist man tot, im zweiten leidet man Not und im dritten isst man Brot."
Renommierte Konkurrenz
Dass der Weg nicht immer schnurstracks nach oben führt, weiß Unternehmer Köhler nur zu gut. Seit er 21 Jahre alt ist, hat er diverse Firmen gegründet - mehr oder weniger erfolgreich. Der gelernte Kommunikationselektroniker hat das Macher-Gen, auch wenn er mit 27 Jahren vorerst die Finger von neuen unternehmerischen Experimenten ließ, um Informatik zu studieren. Köhler macht sich keine Illusionen: Die Konkurrenz schläft nicht - und sie ist renommiert. So hat Merian gerade den vertonten, elektronischen Reiseführer "Scout Navigator" auf den Markt gebracht. Und auch die Smartphone-Hersteller versuchen sich zunehmend in der Fußgänger-Navigation. Dass Cruso dennoch in Vergleichstests gut abschneidet, liegt auch daran, dass die Berliner digitalisierte Bilder von detaillierten Katasterkarten aufbereiten. Köhler will das Momentum nutzen - und sucht kräftige Partner, um die Nische zu verlassen. Gerade verhandele er mit Nokia, sagt er.
Erweitertes Konzept
Auch das Konzept verbreitert Köhler mit Eifer: Als Nächstes möchte er für Mehrwert im Wald sorgen - kommendes Jahr können sich Wanderer erstmals in der Lüneburger Heide vom mobilen Infosystem leiten und erklären lassen, wo ein Findling am Wegesrand herkommt. Denkbar wäre auch, das Gerät für Outdoor-Spiele zu nutzen. Selbst ein Tierpark in Güstrow hat die Geräte geordert. "Wir öffnen das Gehirn für Informationen", formuliert der Tüftler. Die Deutsche Bahn hat Cruso gar mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt: Zu klären ist, wie man Fahrgäste vom Wohnzimmersessel zum reservierten Sitzplatz geleitet und bei Verspätungen Alternativen aufzeigt. Und ein großer Zeitungsverlag bekunde bereits Interesse, weil er Nachrichten und Services auf das Gerät schicken möchte. Köhler zweifelt nicht mehr: "Die Sache rollt."
Kontakt:
Cruso GmbH
Rudower Chaussee 29
12489 Berlin
Tel.: (030) 74780-280
Quelle:IZBM Insider Februar 2009