Freudenberg gibt Gummi: Neues Werk am Groß-Berliner Damm
Ungeachtet aller konjunkturellen Ungewissheiten baut die Weinheimer Unternehmensgruppe Freudenberg ein neues Verwaltungs- und Produktionsgebäude in Adlershof. Ab kommendem Frühjahr sollen 200 Mitarbeiter Spezialdichtungen und Manschetten für die Automobilindustrie am Groß-Berliner Damm entwickeln und fertigen.
Noch vor einem Jahr hätte Jörg Sost skeptisch abgewunken. 20 Millionen Euro für ein neues Werk in die Hand nehmen, in dem Teile für die Autoindustrie gefertigt werden sollen? Lieber nicht. Sost ist Mitglied der Unternehmensleitung von Freudenberg. Ein Mischkonzern, der unter anderem Spezialdichtungen für Fahrzeuge und Maschinen herstellt. „Seit Jahren haben wir das Projekt diskutiert, wegen der Krise aber auf Eis gelegt“, berichtet Sost. Das Eis ist gebrochen: Mitte Mai wurde der Grundstein für das neue Produktions- und Verwaltungsgebäude am Groß-Berliner-Damm auf dem Gelände des Wissenschafts- und Technologieparks Adlershof gelegt.
Durchhalten hat sich gelohnt
Sost räumt ein, dass er zwischenzeitlich nicht mehr daran geglaubt hatte, dass es je soweit kommen würde. Doch die Zuversicht ist zurück: „Schon jetzt hat sich die Automobilbranche weltweit erholt, und wir gehen davon aus, dass sich dieser Kurs fortsetzt“, ist Sost optimistisch. Nun macht sich jahrelanges Durchhalten bezahlt, nachdem Freudenberg nach der Wende den VEB Deutsche Gummiwerke in der Boxhagener Straße Friedrichshain übernommen und jahrelang Miese geschrieben hat. „Doch wir haben es zur Marktführerschaft gebracht“, bemerkt Sost nicht ohne Stolz. In Zahlen: Aus mageren drei Millionen Euro Umsatz 1992 sind 60 Millionen geworden.
200 Arbeitsplätze in Adlershof
Kein Wunder, dass es im alten Werk zu eng wurde. Alle 200 Beschäftigten werden von Friedrichshain nach Adlershof umziehen – auch die 20 Mitarbeiter der fabrikeigenen Behindertenwerkstatt. Denn alle zusammen bildeten eine motivierte und qualifizierte Mannschaft, die Jörg Sost und Werksleiter Andreas Raps unter keinen Umständen verlieren wollten, weswegen Freudenberg Berlin treu bleibt.
Klar, diskutierte die Geschäftsführung Produktionsstandorte in Tschechien, Polen und China, doch Adlershof machte das Rennen. „Hier finden wir alles, was wir brauchen. Hochwertige Gewerbeflächen, gute Verkehrsanbindungen, verhältnismäßig kurze Fahrwege für unsere Mitarbeiter sowie ein innovatives Umfeld“, bekräftigt Raps.
Neue Gummimischungen
Schließlich wird hier künftig nicht nur produziert, sondern auch entwickelt – von neuen Gummimischungen, über effektive Produktionstechniken bis hin zu innovativen Bälgen, die Antriebswellen und andere Maschinenteile abdichten. Schwerpunkt sind Faltenbälge aus thermoplastischen Elastomeren oder Gummi sowie Dichtungsbälge, die sich unter anderem in Autos des gesamten VW Konzerns, von Mercedes und bei etlichen japanischen Herstellern finden.
Dort, wo bis vor kurzem noch zart Gras grünte, wird in einem guten halben Jahr, ab 2011, die 12.800 Quadratmeter große dreigeschossige Produktionsstätte samt Verwaltung ihren Betrieb aufnehmen. Der Bau mit markanter schwarzer Trapezblechfassade ist so geplant, dass er bequem erweitert werden kann. Sost geht davon aus, künftig neue Arbeitsplätze in Adlershof zu schaffen.
In Sachen Energieeffizienz soll der Neubau Maßstäbe setzen, erklärt Andreas Raps: „Durch Wärmerückgewinnung aus den Produktionsanlagen, Dachbegrünung und eine thermisch aktivierte Bodenplatte als Wärme- und Kältespeicher wird das Gebäude sehr wenig Energie verbrauchen.“ Sogar über die Infrastruktur für E-Autos wird der Bau bereits verfügen.
Für Arman Barimani, Chef der Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik Europa, ist das Werk an dem neuen Standort bestens aufgehoben, denn hier träfen sich Technologie- und Innovationsführer. Er bringt den Zusammenhang so auf den Punkt: „Wir haben mit dem Grundstein für unser Produktions- und Verwaltungsgebäude einen weiteren Baustein für den Technologiemythos Adlershof gelegt.“
von Chris Löwer