Forschungsteam warnt vor irreversiblen Klimaschäden bei Überschreiten des 1,5-Grad-Ziels
Eine von HU Berlin koordinierte Studie hat sogenannte Overshoot-Szenarien untersucht und warnt vor deren Folgen für Klima und Umwelt
Das 1,5-Grad-Ziel zu überschreiten und danach die globalen Temperaturen wieder zu senken hat gravierendere Auswirkungen auf das Klima, als wenn die Atmosphäre diese Durchschnittstemperatur gar nicht erst erreichen würde. Zu diesem Ergebnis kommen 30 Wissenschaftler*innen aus dem interdisziplinären Forschungsprojekt PROVIDE, das von der Humboldt-Universität koordiniert wird und vom europäischen Innovationsfonds HORIZON2020 gefördert wurde. An der Studie, die im Fachjournal Nature veröffentlicht wurde, waren unter anderem das Institut Climate Analytics sowie das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), beide in Berlin, beteiligt.
Overshoot: Irreversible Schäden an Umwelt und Klima
Die Wissenschaftler*innen haben Zukunftsszenarios untersucht, in denen die globalen Temperaturen um durchschnittlich mehr als 1,5 Grad ansteigen, dann aber gesenkt werden sollen – sogenannte „Overshoot-Szenarien“. Sie weisen darauf hin, dass das Übersteigen der 1,5-Grad-Marke in jedem Fall irreversible Schäden an Umwelt und Klima nach sich ziehen wird, wie etwa steigende Meeresspiegel. Die Wissenschaftler*innen betonen, dass die schnelle und kurzfristige Reduktion von CO2-Emissionen generell entscheidend dafür ist, die Risiken durch die Klimaerhitzung zu minimieren.
„Diese Studie widerlegt damit die Vorstellung, dass das Klima nach einem Overshoot ähnlich dasteht, als wenn wir früher mehr getan hätten, um die maximale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen“, kommentiert Carl-Friedrich Schleußner. Er ist Erstautor der Studie, Honorarprofessor am Geographischen Institut der Humboldt-Universität sowie Mitglied am Integrativen Forschungsinstitut zu Transformationen von Mensch-Umwelt-Systemen (IRI THESys) an der Humboldt-Universität. „Nur wenn wir in diesem entscheidenden Jahrzehnt mehr tun, um die Emissionen zu senken und die globalen Spitzentemperaturen so niedrig wie möglich zu halten, können wir effektiv die Schäden minimieren.“
Negative Emissionen als Präventiv-Maßnahme
Den Aufwärtstrend der globalen Temperaturen wie in einem Overshoot-Szenario wieder umzukehren, wäre laut dem Forschungsteam nur mit negativen Emissionen möglich, also der aktiven Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre. Sie betonen, dass Technologien zum sogenannten „Carbon Dioxide Removal“ zum Einsatz kommen müssten, sollte sich das Klima doch stärker erhitzen als in den mittleren Schätzungen erwartet – jedenfalls, wenn man das Pariser 1,5-Grad-Ziel einhalten möchte. Eine präventive Kapazität von mehreren hundert Gigatonnen an Netto-Entnahme könnten dafür notwendig sein. Die möglichst umweltfreundlichen Technologien zur CO2-Entnahme sollten dabei aber von ehrgeizigen Reduktionszielen begleitet werden, empfiehlt das Forschungsteam. „Unsere Studie unterstreicht, wie dringend die Regierungen jetzt unsere Emissionen reduzieren sollten – und nicht später. Das Rennen in Richtung Netto Null muss als das betrachtet werden, was es ist: ein Sprint“, so Schleußner.
Weitere Informationen
- Fachartikel in Nature: “Overconfidence in climate overshoot”
- Website des Forschungsprojekts PROVIDE
- Pressemitteilung des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC)
Kontakt
Dr. Carl-Friedrich Schleußner
Geographisches Institut der Humboldt-Universität zu Berlin
carl-friedrich.schleussner(at)hu-berlin.de
Pressemitteilung HU Berlin vom 6.11.2024