Filme aus der Nanowelt
Stefan Eisebitt untersucht mit ultraschnellen Lichtpulsen, wie sich Magnetisierung auslöschen oder kontrolliert umkehren lässt
Stefan Eisebitt geht den Dingen auf den Grund. Er untersucht mit ultraschnellen Lichtpulsen nicht nur, wie Materie im „Ruhezustand“ aufgebaut ist, sondern auch, wie sich Anregungen der Elektronen auf Materialeigenschaften wie etwa den Magnetismus auswirken. Darüber hinaus möchte der 51-jährige Experimentalphysiker auch Materialien im Nanobereich gezielt gestalten.
Seit 2015 ist Stefan Eisebitt einer der drei Direktoren des Adlershofer Max-Born-Instituts für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) und bereits seit 2008 Professor an der Technischen Universität Berlin. Nach dem Studium an der Universität Köln, wo er auch promovierte, interessierte ihn bei seiner Forschung in Jülich, Vancouver, Stanford und schließlich seit 2002 in Berlin vor allem, wie sich elektronische und magnetische Eigenschaften ändern, wenn Festkörper mit Lichtpulsen bestrahlt werden. „Das Licht wird absorbiert und die Elektronen werden kurzzeitig in andere Quantenzustände angeregt“, sagt Eisebitt.
Elektronen bestimmen, ob Festkörper metallisch sind oder halbleitend, durchsichtig oder nicht. Auch der Zustand der Magnetisierung hängt von den Elektronen ab, die wiederum von den Schwingungen der Atome im Kristallgitter beeinflusst werden. „Wir schauen uns das auf den sehr kurzen Zeitskalen an, die solche elektronischen Bewegungen mit sich bringen“, sagt Eisebitt. Das dauert nur wenige Femtosekunden (millionster Teil einer Milliardstel Sekunde). Das System wird mit einem kurzen Lichtpuls angeregt und mit einem zweiten Lichtpuls abgefragt. So erhält man zeitabhängige Informationen, quasi Filme aus der Nanowelt mit Elektronen als Hauptdarstellern.
Die Blitze können aber auch bewirken, dass sich magnetisch geordnetes Material entmagnetisiert. Zudem lässt sich mit zirkular polarisierten Lichtpulsen die Magnetisierung kontrolliert umdrehen. Das ist technisch außerordentlich interessant, da man es für extrem schnelle Datenspeicherung auf Festplatten nutzen könnte.
Im Labor funktioniert das schon, etwa bei Material aus Eisen-Gadolinium, doch kennen die Forscher die Abläufe noch nicht genau. Wesentlich für die Aufklärung ist die Nutzung weicher Röntgenstrahlung (XUV) im Wellenlängenbereich von wenigen Nanometern (millionstel Millimeter). Damit lassen sich die Elektronen „punktgenau“ zwischen Energieniveaus verschieben und somit spektroskopisch die magnetischen Eigenschaften an jeder Atomsorte einzeln ermitteln.
Die kurze Wellenlänge der XUV-Strahlung ermöglicht auch Abbildungen im Nanometerbereich. Dafür nutzen die MBI-Forscher die Technik der Röntgenholographie. An deren Verfeinerung hat Eisebitt gearbeitet, und sie wird nun nicht nur in Adlershof an BESSY II, sondern auch an Röntgenlasern weltweit eingesetzt. Mittlerweile können manche dieser Experimente mit ultrakurzen XUV-Pulsen aber auch ohne große Elektronenbeschleuniger realisiert werden. „Viele Versuche zu den magnetischen Umschaltvorgängen werden wir direkt am MBI machen können“, sagt Eisebitt. Auch die Zusammenarbeit mit dem nebenan liegenden Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ) sei angedacht, beispielsweise bei der Erforschung dünner Metalloxidschichten, die interessante magnetooptische Eigenschaften zeigen können.
Von Paul Janositz für Adlershof Journal