Ermüdete Kämpfer
Studierende der Berliner Humboldt-Universität stimmten am Montag gegen einen unbefristeten Streik
Till Meyer
Junge Welt, 06.01.2004
Eine knappe Mehrheit der Studierenden der Berliner Humboldt-Universität (HU) hat auf einer Vollversammlung am Montag gegen die kompromißlose Weiterführung des seit sechs Wochen anhaltenden Streiks gestimmt. Rund 30 verschiedene Anträge standen im überfüllten Auditorium maximum zur Abstimmung. Die Forderung nach Weiterführung des Streiks, Besetzung von Instituten und nach Aktionen auf der Straße fand jedoch noch 1 800 Befürworter. Diejenigen, die einen Kompromiß wollen, obsiegten mit 1 980 Stimmen. Die Streikbefürworter hatten ihre Kommilitonen zuvor schon am Eingang zum Audimax mit einem riesigen Poster auf die Auseinandersetzungen einstimmen wollen. »Aufbruch zum Durchbruch – Streik 2004. Nur mit dir«, war da zu lesen.
Bevor es zur ersten Abstimmung kam, gab es eine stundenlange, scharf geführte Debatte zwischen Streikbefürwortern und -gegnern. In Pfiffen und Buhrufen gingen allerdings jene Redebeiträge unter, die sich für einen generellen Abbruch des Streiks aussprachen. Nach der Verlesung aller 30 Kompromißanträge wurde zur ersten Abstimmung mit der radikalsten Forderung aufgerufen. Mittels einer Standleitung war man mit dem Wissenschaftszentrum in Berlin-Adlershof verbunden, wo parallel abgestimmt wurde. Nachdem per Handzeichen keine klare Entscheidung möglich war, griff die Diskussionsleitung zur Methode des sogenannten Hammelsprungs: Linke Tür für alle, die für die Maximalforderung sind, rechte für die Gegner derselben. Knapp 4 000 Studierende drängten anschließend aus dem Treppenhaus und den Hörsälen auf die beschriebene Weise ins Audimax. Als erstes kam das Ergebnis aus dem Wissenschaftszentrum: Ein eindeutiges Nein für die kompromißlose Weiterführung.
Am späten Nachmittag einigten sich die Studierenden schließlich darauf, bis zum 29. Januar vier Protesttage wöchentlich zu organisieren. Am 29. Januar findet die erste Lesung des Berliner Landeshaushaltes statt. Der Haushaltsentwurf sieht gravierende Einschnitte an den Hochschulen der Hauptstadt vor. So sollen 75 Millionen Euro im Wissenschaftsetat gestrichen werden. Ob weitere Institute und Einrichtungen besetzt werden sollen, stand bei Redaktionsschluß noch nicht fest.