Elektronen verhalten sich wie Licht
BESSY II-Photoelektronenspektroskopie untersucht Graphen auf Nickel-Beschichtung
Dr. Andrei Varykhalov und Mitarbeiter aus der Gruppe um Prof. Dr. Oliver Rader haben an BESSY II die elektronischen Eigenschaften von mit Graphen beschichtetem Nickel untersucht und dabei ein überraschendes Ergebnis erhalten. Sie konnten zeigen, dass sich die Leitungselektronen des Graphen eher wie Licht verhalten und weniger wie Teilchen. Dieses Verhalten hatten Physiker eigentlich nur für freischwebende Graphenschichten erwartet, die eine perfekte Bienenwabenstruktur aufweisen, nicht aber bei Graphen auf Nickel.
Obwohl Graphen nichts anderes ist als reiner Kohlenstoff, so besteht es streng genommen aus zwei Sorten von Kohlenstoffatomen. Die eine Sorte hat ihren nächst gelegenen Kohlenstoff-Nachbarn zur Rechten, die andere zur Linken. Nur wenn diese sogenannte „Händigkeit“ genau austariert ist, kann lichtartiges Verhalten der Leitungselektronen im Graphen auftreten. Tatsächlich kann man sich das Bienenwabengitter aus abwechselnd rechtshändigen und linkshändigen Kohlenstoffatomen zusammengesetzt denken.
Die Atome auf der Nickeloberfläche passen nun perfekt zum Graphen, allerdings nur für eine Hälfte der Kohlenstoffatome. Das Ergebnis ist wie die Reise nach Jerusalem mit der halben Anzahl Stühlen. Da die Hälfte der Kohlenstoffatome „zwischen den Stühlen“ sitzen, gerät die sogenannte Händigkeit im Graphen vollkommen aus dem Lot. Mit Photoelektronenspektroskopie bei BESSY II konnten die Physiker in Graphen auf Nickel nun so genannte Dirac-Kegel aus masselosen Fermionen nachweisen, die das lichtartige Verhalten der Elektronen belegen. Im Anschluss an ihre Messungen konnten sie zwei theoretische Gruppen dafür gewinnen, mit neuen Erklärungsansätzen zu ihrer heutigen Veröffentlichung beizutragen. „Diese Ergebnisse sind überraschend“, sagt Varykhalov.
Der Grund liege in der Tatsache, dass die Nickel-Atome in zwei verschiedenen, sich kompensierenden Weisen mit den Kohlenstoff-Atomen des Graphen wechselwirken. Auf der einen Seite zerstören sie die perfekte hexagonale Symmetrie des Graphen-Gitters. Auf der anderen Seite aber stellen sie zusätzliche Elektronen für die Graphen-Schicht zur Verfügung – was den “Schaden” wieder ausgleicht, der durch die Gitterstörung entstanden war. „Wir haben damit einen fundamentalen Mechanismus aufgedeckt, der für mögliche Anwendungen interessant ist“, meint Varykhalov. Denn da Graphen in der Regel auf ein Trägersubstrat aufgebracht wird, könnten die „heilenden“ Extra-Elektronen auch durch eine elektrische Spannung eingespeist werden.
Der Bericht der Physiker erschien in der Open-Access-Zeitschrift Physical Review X, der neuen Top-Zeitschrift von Physical Review. <link typo3/in>http://prx.aps.org/</link>
Quelle: HZB