Eine Kamera, die Lärm "sieht"
Innovationspreis Berlin/Brandenburg für ein Adlershofer Projektteam und die Praxisüberführung einer besonderen Idee
Kann der Lärm von Maschinen und anderen Geräuschquellen für das Auge sichtbar gemacht werden -, um ihn exakt zu analysieren und als Umweltbelastung künftig wirksamer einzudämmen? Von der Praxisrelevanz dieser Idee zeigte sich der Berliner Wissenschaftler Dr. Gerd Heinz überzeugt, als er Mitte der 90er Jahre mit der Entwicklung der "Akustischen Kamera" begann. Inzwischen wird das akustisch-optische System erfolgreich in verschiedenen Wirtschaftsbereichen eingesetzt.
Für diese Leistung sind Heinz und sein Projektteam jetzt (am 28.11.03) mit dem diesjährigen Innovationspreis der Länder Berlin und Brandenburg ausgezeichnet worden. Stellvertretend für das heute 13köpfige Team in der Adlershofer GFaI, der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik, standen auch der Softwareentwickler Dirk Döbler, der Elektroniker Sven Tilgner und der Hardwareentwickler Patrick von Pflug im Scheinwerferlicht der Ehrung in Potsdam. Jeder der vier dort an kleine und mittelständische Unternehmen vergebenen Innovationspreise ist mit 10.000 Euro dotiert.
Das Prinzip der "Akustischen Kamera", die Schallwellen und deren Reflexionen sichtbar macht, ist relativ einfach, ihre praktische Umsetzung vor allem auch mittels spezieller Software deutlich komplexer: Eine Videokamera hält das optische Bild eines Gerätes / einer Lärmquelle fest; gleichzeitig nehmen Gruppen von 32 oder 36 je nach Einsatz speziell angeordneten Präzisionsmikrofonen die davon ausgehenden Schallwellen auf, die ein Datenrekorder digitalisiert und speichert.
Diese elektrischen Signale werden analysiert, ein Computer erstellt eine Geräuschkarte und legt sie über das Foto. Es entstehen farbige Schallbilder, Entstehungsorte unliebsamer Frequenzen lassen sich darauf exakt orten. Falschfarben markieren die Geräuschpegel. Die lautesten Stellen sind zum Beispiel rot, leisere blau, grün oder gelb eingefärbt. Die Geräuschentwicklung kann direkt am Objekt gemessen werden. Aber auch Ausstrahlung und Fernwirkung lassen sich bestimmen. Zudem kann die Kamera Bilderserien von bis zu 100 000 Abbildungen pro Sekunde machen und damit hochauflösende "Lärmfilme" herstellen. Bis zu 192.000 Mal je Sekunde kann der Signalwert jedes einzelnen Mikrofons bestimmt werden.
Das erste Schallbild, das Heinz 1997 auswertete, war das einer Boing 737. Seither hat sich die "Akustische Kamera" - Stückpreis: rund 100 000 Euro - bei der Untersuchung u.a. von Werkzeug-, Verpackungs- und Holzbearbeitungsmaschinen, bei Windkraftanlagen und Haushaltsgeräten mit zum Teil überraschenden Messergebnissen bewährt. Vor allem die deutsche Automobilindustrie nutzt das System, um Lärmemissionen zu verringern und leisere Motoren zu produzieren. Allein neun der seit 2001 durch die GFaI ausgelieferten Anlagen gingen an namhafte Unternehmen dieser Branche.
Laut Heinz kümmert sich das Entwicklungs- und Produktionsteam intensiv um die ständige Vervollkommnung und Miniaturisierung des Systems entsprechend der Kundenwünsche. So wird es zunehmend - besonders in der Fahrzeugindustrie - auch zur Qualitätssicherung eingesetzt und spürt dort zum Beispiel Klapper- oder Knackgeräusche in Kfz-Innenräumen auf. Ab 2004 wollen Heinz und seine Mitarbeiter mit Hilfe ihrer Kamera Fledermäuse oder Delphine beobachten, um deren Schallverarbeitung zu analysieren. Daraus, so rechnen sie, können neue Erkenntnisse gewonnen werden, die für weitere Praxisanwendungen von Bedeutung sind.
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