Ein gutes Pflaster für Fachkräfte
Ausgründung der HARTING-Gruppe setzt auf Adlershof
Am Anfang war es nur ein Verdacht: In Berlin gibt es gute Softwareentwickler. Er sollte sich für die HARTING-Technologiegruppe bewahrheiten, die wegen der guten Arbeitskräftesituation in Adlershof eine Ausgründung ihrer IT-Sparte angesiedelt hat. Dabei beratend geholfen haben Partner am Standort.
Schöne neue Produktionswelt
Eine neue industrielle Revolution rollt heran. In intelligenten Fabriken der „Industrie 4.0“ werden untereinander vernetzte und miteinander kommunizierende Maschinen und Produkte weitgehend selbstorganisiert und flexibel arbeiten. All das soll effizienter, ressourcenschonender und kundennäher denn je geschehen. An der schönen neuen Produktionswelt wirkt eine Firma mit, die sich kürzlich in Adlershof angesiedelt hat: die HARTING IT Software Development GmbH & Co. KG, eine Ausgründung der international tätigen HARTING-Technologiegruppe aus Espelkamp bei Minden.
Das 4.000-Mitarbeiter-Unternehmen entwickelt, fertigt und vermarktet unter anderem elektrische, elektronische und optische Verbindungs-, Übertragungs- und Netzwerktechnik für den Maschinenbau, die Bahntechnik, Windenergieanlagen, die Telekommunikationsbranche und die Fabrikautomation.
Für die Anwendungen entwickelt HARTING auch die Software. Dabei sollen in Adlershof entwickelte Programme helfen, den Weg für die Automatisierungstechnik der Zukunft zu bereiten, bei der sich smarte Anlagen selbst konfigurieren, optimieren und Fehler selbst diagnostizieren.
Claus Hilger, Geschäftsführer der HARTING IT-Unternehmen, wird nun öfter Berliner Luft schnuppern. Im November haben fünf Mitarbeiter die Büros in Adlershof bezogen. „Wir wollen den neuen Standort etablieren und dann wachsen“, sagt der 56-Jährige. Aber warum zog es die Ostwestfalen ausgerechnet in die Hauptstadt? „Ich hatte den Eindruck, dass sich hier hervorragende Arbeitskräfte finden lassen“, sagt Hilger. Sein Eindruck sollte nicht täuschen: „Nach nur vier Wochen waren die Stellen auf hohem Niveau besetzt“, berichtet Hilger.
Zusammenarbeit zwischen HU und Harting
Er zog nicht auf gut Glück los, sondern besprach sich vorher mit Personalberatern und Wissenschaftlern in Adlershof, ob seine Vermutung, hier auf einen Angebotsmarkt für gut ausgebildete Softwareentwickler zu stoßen, richtig war. Einer seiner Ansprechpartner war Björn Scheuermann, Leiter des Lehrstuhls für Technische Informatik an der Humboldt-Universität zu Berlin. „Ich stand bereits vor meinem eigenen Wechsel nach Berlin in Kontakt mit der Firma HARTING und freue mich, dass sie auf mich zugekommen ist, als es um die Standortsuche in Berlin ging“, erzählt der junge Professor. „Noch mehr freue ich mich, dass die Firma meiner Empfehlung, sich in Adlershof niederzulassen, gefolgt ist.“ Dabei räumt Scheuermann ein, „nicht ganz uneigennützig“ gehandelt zu haben: „Ich verspreche mir eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen HARTING und der Informatik der HU.“
Die wird es geben, denn Scheuermanns Arbeitsschwerpunkte decken sich mit denen Hilgers: Kommunikationsnetze, RFID, eingebettete Systeme, intelligente Logistik. Scheuermann: „Ich hoffe auf Synergien.“ Ein Satz, der auch bei Hilger fällt. Der lobt die vielen interessanten Forschungseinrichtungen und Unternehmen im Technologiepark, die auf seinem „Feld unterwegs“ sind – was letztlich auch zu der Ansiedelung beitrug. Schließlich wird HARTING hier gewissermaßen auch Grundlagenforschung in Sachen Industrie 4.0 betreiben. Die Fabrik der Zukunft wird „dezentral und flexibel“ arbeiten, sagt Hilger.
Genau das gilt für ihn heute schon, denn er pendelt nun zwischen Espelkamp und Berlin. Seine Hobbys Radsport, Schwimmen und Walken kommen dabei etwas kurz. Was nach Feierabend aber hin und wieder noch geht, ist ein Griff in die Saiten: „Ich habe ein Faible für Musik.“ Wenn Hilger zur Gitarre greift, dann kommt das einer Blitzentspannung gleich. So erdet er sich und tankt neue Kräfte – denn (industrielle) Revolutionen geschehen nicht von heute auf morgen und brauchen viele Tatkräftige, die sie voranbringen.
Von Chris Löwer für Adlershof Journal