E-Roller sind rar in Adlershof
Warum das so ist
Seit Juni 2019 sind E-Scooter auch in Deutschland zugelassen, sie boomen und sorgen für Diskussionsstoff. In der City gehören sie schon fast zum Stadtbild – in Adlershof sind E-Scooter noch echte Exoten. Warum ist das so und was könnte sich daraus entwickeln?
Mit seinem E-Roller spart er fast eine Stunde Zeit am Tag. Für Patrick Stüwe das beste Argument für seinen elektrogetriebenen Scooter. Mit ihm kurvt er morgens direkt aus der Wohnungstür am Groß-Berliner Damm zum S-Bahnhof Adlershof, Radwege und Straße nutzend. Dann klappt er den fahrbaren Untersatz zusammen und steigt in die Bahn. „Es kostet nichts extra, wie das Fahrrad. Genau deshalb habe ich mir den Roller gekauft. Es lohnt sich absolut.“ Sein Blick auf den Kilometerzähler verrät 116 gefahrene Kilometer. In Mitte sind es dann nochmal fünf Minuten Rollerzeit statt 20 Minuten Fußweg. Für Patrick Stüwe die ideale Lösung. Allerdings ist er nahezu der einzige E-Scooterfahrer auf weiter Flur, zumindest in Adlershof.
„Schade eigentlich“, findet Olaf Meier vom Gesundheitsnetzwerk Adlershof, „denn E-Scooter wären ja für die Außenbezirke ideal. Aber hier gibt es noch keine Mietstationen so wie in Schöneberg, Mitte, Kreuzberg.“ Der Gesundheitsexperte von der Techniker Krankenkasse sieht insgesamt einen Wandel der Mobilität, sogar weltweit. E-Scooter fahren ist cool, allerdings auch ganz passiv. So bedient Meiers Meinung nach der E-Scooter das Motiv Bequemlichkeit. „Ich würde das vergleichen mit Mofa oder Auto fahren.“
Die Frage ist also: Ist zu Fuß unterwegs sein out? Olaf Meier zückt dazu eine Befragung des Berliner Senats zum Thema Mobilität. Nach dieser Umfrage von 2013 gingen 31 Prozent der Berliner ihre durchschnittlich täglichen Wege zu Fuß, 13 Prozent nahmen das Fahrrad, 28 Prozent das Auto. „Aus meiner Sicht ist der Anteil von Fußgängern und Radfahrern gewachsen. Anreize wie Fitnesstracker tragen dazu bei. Laufen ist Trendsportart Nummer eins. Bei manchen Krankenkassen können sogar Schritte bonifiziert werden. Bewegung ist also ganz und gar nicht out.“ Das Bewusstsein wächst.
Im Gesundheitsreport von 2018 geht die Techniker Krankenkasse explizit auf dieses Thema ein. Eine Studie zum Thema Unfallgefahren durch E-Roller wäre vielleicht aufgrund der aktuellen Debatte zu erwarten, doch geplant ist sie nicht. Gerade ausgewertet aber wird die große Gesundheitsbefragung des Adlershofer Gesundheitsnetzwerkes. Pendeln spielt dabei unter den Adlershofer Beschäftigten eine zentrale Rolle. Alle Infos gibt es ab Mitte September unter www.adlershof.de/gesund/.
Interessant sind E-Scooter für Touristen einerseits, aber auch für Pendler, so die Einschätzung von Professor Elmar Kulke, Wirtschaftsgeograph an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die bisher recht beliebten und in der S-Bahn transportablen Klappräder könnten von den kleineren E-Scootern ersetzt werden. „Adlershof hat durch die gute Erschließung durch Straßen und Radwege in den Technologiepark hinein gute Chancen, mit E-Rollern befahren zu werden. Doch für Rollerbetreiber ist der Standort Adlershof eher uninteressant: Sieht man sich die einseitige Verkehrsbewegung an – nämlich früh vom S-Bahnhof in den Technologiepark und am Nachmittag zurück, kommen eigentlich nur Privatroller in Frage“, schätzt der Geograph die Situation ein.
Ein zuverlässig funktionierender E-Scooter ist ab rund 1.000 Euro zu haben, Mietpreise liegen meist zwischen zwei und drei Euro für zehn Minuten und funktionieren über eine App. Kulke sieht das Thema E-Roller noch ganz am Anfang seiner Entwicklung und rechnet damit, dass ihr Gebrauch in Zukunft stärker reguliert werden wird.
Die aktuelle Debatte um E-Scooter interessiert Patrick Stüwe kaum. Eine Helmpflicht gibt es nicht, aber ein Verbot für Gehwege. Er fühlt sich sicher. Allerdings findet er, dass E-Scooter fahren gelernt sein will. „Zwei bis drei Monate braucht man schon, um richtig sicher damit zu sein.“ Mit 20 km/h auf zwei Rädern unterwegs zu sein, ist eben doch etwas Besonderes.
Von Jördis Götz für Adlershof Journal