DLR im Glück
Mehr Europa-Geld für Weltraumforschung
Vom 5. bis zum 6. Dezember 2005 tagte der Ministerrat der Europäischen Weltraumorganisation ESA im Auswärtigen Amt in Berlin. Das höchste Gremium der ESA verabschiedete ein umfangreiches Programm für die Zeit bis 2010, das die europäische Raumfahrt weiterhin international wettbewerbsfähig erhalten soll. Wesentliche Kernpunkte sind die Fortführung des gemeinsamen Wissenschaftsprogramms mit einer jährlichen Steigerung um 2,5 Prozent, die Erweiterung der Trägersysteme zu einer Trägerfamilie und die Zukunft der Internationalen Raumstation ISS.
Mit der Konferenz ging der vierjährige deutsche Vorsitz im ESA-Ministerrat zu Ende. Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Michael Glos, übergab den Vorsitz an den niederländischen Wirtschaftsminister und stellvertretenden Premierminister Laurens Jan Brinkhorst.
Neben Glos lag die Verhandlungsführung auf deutscher Seite bei Georg Wilhelm Adamowitsch, dem Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Er betonte: "Mit dem Verhandlungserfolg in Berlin unterstreicht die Bundesregierung auch auf europäischer Ebene ihr Ziel, bis 2010 drei Prozent des Bruttosozialproduktes für die Forschung einzusetzen und damit international konkurrenzfähig zu bleiben."
Prof. Dr. Sigmar Wittig, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Vorsitzender des ESA-Rates, sagte über den Ausgang der Konferenz: "Ich bin sehr erfreut, dass es trotz der unterschiedlichen und wohl begründeten Interessen der einzelnen Mitgliedsstaaten zu einem guten und tragfähigen Ausgleich der Positionen gekommen ist. Damit ist Europa auf bestem Weg, auch zukünftig ein starker Partner in der internationalen Raumfahrt zu sein und die eigenen Stärken auszubauen. Die anspruchsvollen Forschungsaufgaben, Programme und Projekte, denen wir uns im DLR stellen, werden durch die Ergebnisse der Konferenz bestärkt und bestätigt."
Deutliche Impulse für Forschung, Technologie und Innovation
Wesentliches Ziel der Konferenz war es, die ESA-Programme auf hohem Niveau fortzuführen. Die 17 Mitgliedsländer der ESA und Kanada als assoziiertes Mitglied setzten in Berlin deutliche Impulse für Forschung, Technologie und Innovation. Damit wird die ESA weiterhin einen starken Beitrag zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit Europas leisten. Deutschland bleibt mit Frankreich die größte europäische Raumfahrtnation und trägt auch in Zukunft rund 25 Prozent aller Beiträge bei. Deutschland zeichnete für die kommenden Jahre insgesamt etwa 1,8 Milliarden Euro für die europäische Raumfahrt.
Jährliches Wachstum des Wissenschaftsprogramms um 2,5 Prozent
Das Wissenschaftsprogramm der ESA wird ab 2006 jährlich um 2,5 Prozent wachsen. Damit stellen die ESA-Minister sicher, dass die Weltraumforschung auch in Zukunft das Flaggschiff der europäischen Raumfahrt bleibt. Bis 2010 investieren die Partner 2080 Millionen Euro in das Wissenschaftsprogramm, Deutschland beteiligt sich mit 460 Millionen Euro, das entspricht 21,85 Prozent. Höhepunkte der Weltraumforschung werden in den kommenden Jahren das Weltraumteleskop Herschel (Start 2007), die Mission GAIA zur dreidimensionalen Vermessung unserer Milchstraße (Start 2011) sowie die Reise der Raumsonde BepiColombo zum sonnennächsten Planeten Merkur (Start 2013) sein.
Deutschland behält Führung bei der wissenschaftlichen Erderkundung
Von besonderer Bedeutung für Deutschland und Europa ist die Erderkundung. Auf der Ministerratskonferenz der ESA wurde hierfür die erste Phase (2006-2008) der gemeinsamen Initiative von ESA und EU zur Umwelt- und Sicherheitspolitik beschlossen - GMES (Global Monitoring for Environment and Security). Deutschland wird bei diesem Programm mit 31 Prozent die Führung übernehmen. Dies entspricht 62 Millionen Euro. Damit ist Deutschland bei der Landbeobachtung, in der Katastrophenvorhersage und in Sicherheitsfragen bestens aufgestellt. Deutschland behält zudem die Führung in der wissenschaftlichen Erderkundung. Hier können in der Meteorologie und im Verständnis der Klimaentwicklung wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Die Bundesregierung fördert mit ihrem Engagement zugleich die industrielle Kompetenz Deutschlands: Bis 2009 erwartet die EU einen Weltmarkt von insgesamt mindestens 29 Milliarden Euro für Satellitenbau und -start, Datenverkauf, Bodenstationen und nachgeordneten Service.
Deutsche Programmführung bei kleinen Nachrichtensatelliten
In Berlin wurde die deutsche Programmführung bei neuen, kleinen Nachrichtensatelliten mit einer maximalen Nutzlastmasse von 300 Kilogramm und einer elektrischen Leistung von 3 Kilowatt beschlossen - ARTES-11. Deutschland ist hier mit 32 Prozent, das entspricht 32 Millionen Euro, beteiligt. Dieser Markt wird zurzeit neben den USA neuerdings auch von China und Indien bedient und stellt damit für Europa eine ganz besondere Herausforderung dar. Das technische Konzept des neuen europäischen Nachrichtensatelliten geht auf die Firma OHB-System aus Bremen zurück und basiert auf dem national vom DLR geförderten Projekt LUX. In dessen Rahmen wird eine Satellitenplattform für kleine, geostationäre Satelliten entwickelt, um in diesem Bereich eine neue Systemführung zu etablieren.
Drei Raketentypen für den europäischen Zugang zum All - Ariane 5, Sojus und Vega als europäische Trägerfamilie
Europa wird in Zukunft mit drei Trägern einen Zugang zum All haben. Dieser Zugang ist von größter strategischer Bedeutung. Hierdurch kann Europa ungehindert und unabhängig von anderen Raumfahrtnationen das All in so wichtigen Bereichen wie der Erdbeobachtung, Meteorologie, Aufklärung, Kommunikation und Navigation nutzen. Erst durch den unabhängigen Zugang zum Weltraum ist es Europa möglich, in diesen Zukunftstechnologien eine Vorreiterrolle zu spielen. Um dieses Ziel zu erreichen, beteiligt sich Deutschland mit etwa 15 Prozent finanziell am Programm der Ariane 5 und unterstützt die künftigen Starts der Sojus-Raketen von Kourou (Franz. Guayana) sowie den kleinen, neuen europäischen Launcher Vega für Lasten bis zu 1.300 Kilogramm ab 2008. Backup für diesen Launcher wird die deutsch-russische Kooperation Eurockot sein.
Internationale Raumstation ISS
In Berlin konnte Deutschland seine Partner dafür gewinnen, den bisherigen Kurs zum weiteren Aufbau der Station für bis zu sechs Astronauten zielstrebig fortzuführen. Den Start des europäischen Labors Columbus erwartet die ESA im Jahr 2008. Im Rahmen des ESA-Programms ist Deutschland zu 41 Prozent am Aufbau, zu etwa 38 Prozent an den europäischen Betriebskosten der ISS beteiligt.
Abschließend erklärte der DLR-Vorstandvorsitzende Wittig: "Mit den Ergebnissen der ESA-Ministerratskonferenz in Berlin hat die europäische Raumfahrt eine gute Ausgangsbasis geschaffen, auch weiterhin ein international anerkannter, starker und begehrter Partner in der Raumfahrt zu sein. Insbesondere Deutschland wird die vorhandenen Stärken weiter ausbauen", erklärte er zum Abschluss der Konferenz.
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