Digitale Synergien
Informatiker entwickeln gemeinsam Lösungen gegen den Stau
Grundlagenforscher und Unternehmer suchen in Adlershof gemeinsam nach neuen, anwendungsorientierten Lösungen. Im IT-Sektor gibt es zahlreiche Vernetzungen, wie das Projekt DELIOS zeigt. Das Adlershofer Management unterstützt speziell solche Projekte, in denen verschiedene Unternehmen ihre Kompetenzen bündeln.
Der Raum mit Kontrollpult und Monitoren, die eine Kreuzung aus verschiedensten Perspektiven zeigen, erinnert an eine Verkehrsleitstelle der Berliner Polizei. Doch es ist ein wissenschaftliches Labor des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Adlershof. Von hier aus, im fünften Stock des DLR-Gebäudes, im Institut für Verkehrssystemtechnik, wird seit vergangenem Jahr eine neue Technologie zur Verkehrsdatenerfassung am Ernst-Ruska-Ufer getestet. Die Messstrecke liegt gleich in Sichtweite.
Kooperationsprojekt DELIOS
Hinter dem Projekt DELIOS verbirgt sich, wie Prof. Ralf Reulke erläutert, ein dezentrales System von Lichtsignalanlagen auf Basis optischer Verkehrsdatenerfassung. Reulke ist Informatikprofessor an der Humboldt-Universität und Gruppenleiter beim DLR. Er beschäftigt sich seit Jahren mit Bildverarbeitung und Photogrammetrie. Seit 2005 ist er an DELIOS beteiligt.
Für die Zukunft erhofft er sich nicht nur Fortschritte durch „valide Verkehrsinformationen“, da optische Systeme genauere und breiter angelegte Daten zur Verfügung stellen könnten. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Induktionsschleifen könnten auch Fußgänger und Radfahrer erfasst und in die Berechnungen einbezogen werden. Die Bildverarbeitung erlaube eine flächenhafte Perspektive und könne die komplexe und dynamische Situation einer verkehrsreichen Kreuzung besser darstellen.
Der Blick auf das Ernst-Ruska-Ufer bestätigt dies. Nicht alleine Kameras, optische Sensoren und die erforderliche Hardware sind auf zwei Brücken über der Messstrecke installiert. Was die Messtechnik an Informationen liefert, muss weitergeleitet und über intelligente Algorithmen verarbeitet werden. Denn ob der zuständige Verkehrsrechner aus den eingehenden Informationen eine Grünzeitverlängerung macht oder, wie Reulke es formuliert, „den gemeldeten Bus noch durchlässt“, ist nicht mehr seine Aufgabe. Um ein solches System bis zur Marktreife zu bringen, braucht es mehrere Partner, und die sind in Adlershof vorhanden.
Wissenschaftlicher Nachwuchs gesichert
Da ist zum einen das Team um Prof. Reulke, das sich mit den wissenschaftlichen Grundlagen beschäftigt. Die Einbindung von Studenten und Doktoranden aus den unterschiedlichsten Arbeitsgebieten des Fachbereichs garantiere den Nachschub qualifizierter Wissenschaftler. So konnte, wie Sascha Sauer, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erzählt, kurzfristig beim Auftauchen eines Datenbankproblems eine personelle Lösung in Form eines Diplomanden gefunden werden.
Aber das allein sei es nicht, was die Arbeit im Technologiepark „hochgradig angenehm“ mache, wie Reulke sagt. Es sind die Querverbindungen zu anderen Akteuren aus der Wissenschaftsstadt, die wertvoll seien. Denn auch dafür steht DELIOS. Im von der Technologiestiftung Berlin geförderten Projekt waren weitere Partner aus Adlershof und Berlin eingebunden. Deren Marktkenntnisse seien erforderlich, wie Jens Hertlein von der „asis Soft und Hardware GmbH“, ebenfalls an DELIOS beteiligt, weiß. Neben dem Unternehmen, das in direkter Nachbarschaft zum DLR liegt, waren noch die Firmen Signalbau Huber, SSP Consult Beratende Ingenieure und Hella Aglaia involviert.
Dass die gute Zusammenarbeit bei DELIOS nicht alleine von den Förderbedingungen „geschmiedet“ wurde, ist für Jens Hertlein ein Teil des Feelings in Adlershof. „Für uns ist wichtig, dass die Uni hier ist“, betont er. Bei Problemen „findet man mit Sicherheit Hilfe“. Als Beispiel führt er den Musterbau eines Kameragehäuses an. Die Kooperationsbereitschaft unter den rund 80 Firmen aus dem IT-Bereich sei groß. So gesehen ist DELIOS ein echtes Adlershofer Projekt und was die Kooperation betrifft auch kein Einzelfall.
Simon Schaake