Die Zukunft des automatisierten und vernetzten Fahrens
Verkehrsforscher des DLR erstellen ein Konzept für den gesellschaftlichen Dialog
Die Einführung des vernetzten und automatisierten Fahrens wird sich auf Mobilitätsverhalten, Verkehr und Infrastruktur auswirken und wirft hierdurch die Frage auf: Wer bestimmt die Zukunft des automatisierten und vernetzten Fahrens (AVF)? Verkehrsforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) befassen sich in einem Projekt mit dem jetzigen Stand des AVF in Deutschland, potentiellen gesellschaftlichen Konfliktlinien und erstellen ein Konzept für den gesellschaftlichen Dialog zum AVF.
Automatisierung im Verkehr: Problemlösung und Konfliktpotential
Zukunftsbilder zum automatisierten Fahren versprechen ein Verkehrssystem, das dank der Automatisierung viele Probleme löst, die wir heute mit dem Verkehr, insbesondere in Städten, aber auch in den ländlichen Räumen und in überregionalen Verkehrsnetzen, haben. Jedoch birgt die Einführung der Technik auch ein hohes Konfliktpotential. Diese gilt es daher frühzeitig zu adressieren, um die Technik in eine Richtung zu entwickeln, die sowohl den Bedürfnissen der Menschen als auch den Anforderungen der Gesellschaft entspricht.
Im Forschungsprojekt "DiVA – Gesellschaftlicher Dialog zum vernetzten und automatisierten Fahren" haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des DLR-Instituts für Verkehrsforschung daher untersucht, wie gesellschaftlicher Dialog aussehen muss, um möglichst viele Akteure an der Gestaltung des AVF teilhaben zu lassen. Dabei wurden sie durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen der Förderrichtlinie "Automatisiertes und vernetztes Fahren" unterstützt.
"Dialog wird derzeit inflationär verwendet. Oft ist damit Informationskampagne oder Bürgerbeteiligung gemeint. Für uns meint Dialog, dass sich alle Akteure, Bürger und Bürgerinnen wie auch jene mit sonst privilegierten Zugang zu Politik und Medien, an einen Tisch setzen und ergebnisoffen auch die Punkte verhandeln, die weh tun", unterstreicht DiVA-Projektleiterin Viktoriya Kolarova das Anliegen des Projektteams.
Den gesellschaftlichen Dialog zum automatisierten und vernetzten Fahren wissenschaftlich fundieren
Eine Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum AVF hat deutlich gemacht, dass das AVF diverse und teilweise tiefgreifende Auswirkungen auf Mobilitätsverhalten, Verkehr und Infrastruktur, aber auch auf die Wirtschaft und die Gesellschaft haben wird. Für den gesellschaftlichen Dialog ist es daher unumgänglich, zunächst das Wissen über diese Auswirkungen verständlich für relevante Akteure aufzubereiten und zu diskutieren.
"Die Forschung müsse hierfür", so Prof. Barbara Lenz, Leiterin des Instituts für Verkehrsforschung, "letztlich eine aktive Lobby-Arbeit auf allen Politikebenen leisten." Nicht nur dafür, dass ein gesellschaftlicher Dialog stattfinden soll, sondern auch dafür, dass dieser durch die Forschung als unabhängige Instanz begleitet werden muss.
Dialogprozesse und Technikentwicklung müssen parallel zueinander stattfinden
Die zweite wesentliche Botschaft des Forschungsprojekts ist, dass die Definition von gesellschaftlichen Zielen für das AVF Hand in Hand mit der Technikentwicklung gehen muss und nicht erst entwickelt werden kann, wenn die Technik bereits auf dem Markt ist. Dabei sehen die Experten den Moment zur Mitgestaltung der Technik und ihrer Einführung längst gekommen. Mit ihrer Forschung unterstreichen sie daher die Dringlichkeit, mit der dieser Gestaltungsmoment nun unter Beteiligung aller relevanten Akteure genutzt werden muss. Die Abschlussveranstaltung des Projektes wurde daher als Brücke für den weiterführenden Dialog genutzt. Ausgewählte Vertreter der Verbraucher, Automobilzulieferer, Städte und ÖV diskutierten am 26. Februar in Berlin zu den Themen Akzeptanz und verkehrliche Wirkungen, Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland sowie Rahmenbedingungen und Umsetzung des AVF.
In Dialoggruppen und abschließend im Plenum wurde unter anderem erkannt, dass die Verstätigung eines fortlaufenden und iterativen Dialogprozesses notwendig ist. Als Voraussetzung für einen zielführenden Dialog wurden die aktive Einbindung aller relevanten Akteure und die Sicherstellung eines gewissen "Commitments" seitens der Beteiligten erkannt.
Es wurde außerdem festgehalten, dass ein Dialog nur dann zielführend ist, wenn es eine Rückkopplung der verschiedenen Erkenntnisse gibt, damit auch aus Fehlern gelernt werden kann. Es sollte gewährleistet werden, dass Ergebnisse aus konkreten lokalen oder regionalen Erfahrungen und Testfeldern allen Akteuren zur Verfügung stehen. Hierdurch könnten zudem auch übergeordnete Konfliktlinien und Herausforderungen besser erkannt und vorab adressiert werden. Der Dialog sollte dabei außerdem nicht ausschließlich in den großen Städten geführt werden.
Die DiVA-Abschlussveranstaltung hat so weitere Erkenntnisse für das Forschungsprojekt ergeben und als Labor für den zukünftigen gesellschaftlichen Dialog zum Thema AVF gedient. Die DLR Verkehrsforscher haben mit der Veranstaltung auch einen konkreten Aufschlag für den weiteren Dialog präsentieren können.
Pressemitteilung DLR vom 20.3.2020
Kontakt
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Mobilität und Urbane Entwicklung
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