Die Tasten im Kopf
Fraunhofer FIRST präsentiert auf der CeBIT erstmals Live-Versuche mit dem Berlin Brain-Computer Interface
Bei Patienten kann nach einem schweren Unfall oder einer Krankheit eine Lähmung aller Gliedmaßen eintreten. Damit ist ihre Kommunikation mit der Außenwelt stark eingeschränkt. Über ein Brain-Computer Interface, das ihre Gehirnsignale in Steuersignale für einen Computer übersetzt, könnten solche Patienten Texte schreiben und sich ihrer Umwelt mitteilen. Auf der CeBIT 2006 präsentieren Fraunhofer FIRST und die Charité, wie dies mit der mentalen Schreibmaschine möglich ist.
Zu den ersten öffentlichen Live-Versuchen mit ausgewählten gesunden Probanden möchten wir Sie herzlich einladen: am 9. März von 11 bis 13 und von 14 bis 17 Uhr und am 10. März von 11 bis 13 und von 14 bis 16 Uhr auf der CeBIT Hannover, Halle 9, Stand A 60 (BMBF)
Während der übrigen Messetage ist ein nachgestellter Versuchsaufbau mit einer Schaufensterpuppe zu sehen. Filme dokumentieren den Ablauf der Experimente.
Bereits vor einigen Jahren hat Fraunhofer FIRST in Kooperation mit der Charité eine Schnittstelle zwischen Gehirn und Rechner entwickelt, das so genannte Berlin Brain-Computer Interface (BBCI). Man nutzt dazu die elektrische Hirnaktivität in Form des Elektroenzephalogramms (EEG). An der Kopfhaut angebrachte Elektroden messen die hirnelektrischen Signale. Diese werden verstärkt und an den Computer übermittelt, der die Gehirnsignale in technische Steuerungssignale umwandelt. Das Funktionsprinzip des BBCI basiert darauf, dass die Hirnaktivität bereits die rein gedankliche Vorstellung eines Verhaltens widerspiegelt, zum Beispiel die Vorstellung, eine Hand oder einen Fuß zu bewegen. Das BBCI erkennt die damit korrelierenden Veränderungen des Hirnstrombildes und nutzt sie etwa zur Auswahl zwischen zwei Alternativen: Während eine Option durch die Vorstellung, die linke Hand zu bewegen, ausgewählt wird, müsste man sich für die andere Option eine Bewegung der rechten Hand vorstellen. So kann ein Cursor zum Beispiel nach links oder rechts bewegt werden. Bei der mentalen Schreibmaschine wählt man mit dem Cursor ein Buchstabenfeld aus. In einem weiteren Schritt wird diese Auswahl verkleinert, so dass man nach wenigen Schritten bei einzelnen Buchstaben landet, mit denen man Wörter schreiben kann. Einfache Sätze entstehen so in wenigen Minuten. Zurzeit existiert ein erster Prototyp der mentalen Schreibmaschine. In einer Versuchsreihe werden verschiedene Buchstabiermethoden auf ihre Benutzbarkeit getestet und an das BBCI angepasst. Bis die mentale Schreibmaschine im Alltag angewendet werden kann, werden jedoch noch einige Jahre vergehen. Insbesondere bei der Weiterentwicklung der EEG-Sensoren besteht noch Forschungsbedarf.
Weitere Anwendungsmöglichkeiten des BBCI liegen bei Sicherheitstechnologien - etwa beim Monitoring der kognitiven Fahrerbelastung im Automobilbereich -, bei Steuerungsinstrumenten - etwa für Prothesen und Rollstühle - oder in der Spieleindustrie. Wie die Entwicklung eines neuartigen Interfaces für Computerspiele aussehen könnte, wird während der Messe anhand von Brain-Pong demonstriert. Dabei spielen zwei der Entwickler mit Hilfe des BBCI gegeneinander Teletennis, wobei die "Schläger" durch vorgestellte Bewegungen gesteuert werden.
Die beiden Projektleiter Prof. Dr. Klaus-Robert Müller (Fraunhofer FIRST) und Prof. Dr. Gabriel Curio (Charité) stehen für Interviews zur Verfügung. Weitere Informationen erteilt Ihnen gern die Pressesprecherin von Fraunhofer FIRST, Mirjam Kaplow; Tel.: 030/6392-1823; -1808, E-Mail: mirjam.kaplow(at)first.fraunhofer.de.
Weitere Informationen zum Berlin Brain-Computer Interface: http://www.bbci.de