Die Molekülspalterin
Michelle Browne arbeitet an der Gewinnung grünen Wasserstoffs
Wasser spalten. Genauer gesagt, das Molekül H2O mithilfe elektrischer Energie in seine gasförmigen Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegen: Geht das auch kostengünstiger, einfacher und effizienter als bisher üblich? Das ist die Frage, die Michelle Browne auf ihrem bisherigen Berufsweg vom heimatlichen Dublin über Belfast und Prag bis nach Adlershof begleitet hat.
Vieles hängt davon ab. Nicht zuletzt, ob es gelingen wird, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Grüner, also mit umweltfreundlich erzeugter Elektrizität gewonnener Wasserstoff gilt als Energieträger einer kohlendioxidfreien Zukunft. Auf dem Weg zur industriellen Großfertigung des klimaneutralen Gases hat Browne mit ihrer mehrfach preisgekrönten Forschung einige Schritte getan.
So entwickelte sie 2021 einen Wasserstoffgenerator aus dem 3D-Drucker und stellte den Bauplan ins Netz, wo ihn Forschende aus Laboratorien in aller Welt abrufen können. Die Herstellungskosten liegen nach ihren Worten bei 500 Euro, einem Bruchteil des Marktpreises von bis zu 20.000 Euro für herkömmliche Geräte dieser Art. Seit 2022 leitet Browne am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) eine Arbeitsgruppe junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Deren Augenmerk gilt den Elektroden, die beim Wasserspalten den Strom zuführen, insbesondere der Anode, an der der abgespaltene Sauerstoff anfällt. Wie lässt sich der dabei bisher erforderliche erhebliche Energieaufwand reduzieren, lautet eine Forschungsfrage. Brownes Gruppe experimentiert mit neuartigen Materialien, die, in hauchzarter Beschichtung auf die Elektrode aufgebracht, deren Wirksamkeit verbessern können. „Sie machen die Forschungsarbeit“, sagt Browne über ihr Team. Sie selbst kümmert sich ums große Ganze, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit, Management.
Browne näherte sich auf Umwegen ihrem Lebensthema. So war sie eine Zeitlang Physiotherapeutin, befasste sich später im Studium zunächst mit chemischen Methoden der Kriminaltechnik und wählte erst für ihre Doktorarbeit ein Thema aus dem Bereich der Elektrochemie. Immer getrieben von der Neugier, auf dem Weg der Naturwissenschaft die Welt zu verstehen. Und dem Wunsch, andere daran teilhaben zu lassen. Als junge Doktorandin entwickelte sie einen naturwissenschaftlichen Lehrplan für Kinder der Altersstufen vier bis zwölf, ein Novum in Irland. Später konzipierte sie eine Einführung in die Elektrochemie für 12- bis 18-jährige Schülerinnen und Schüler.
Nach der Promotion in Dublin führte sie ein wissenschaftliches Wanderdasein, immer auf der Suche nach dem jeweils aktuellen Forschungsstand zur Wasserstoffgewinnung. Zuletzt wirkte sie zwei Jahre lang am traditionsreichen Dubliner Trinity College. Dann die Frage: Wie weiter? Browne schlug ein Angebot der altehrwürdigen britischen Royal Society aus und gab Adlershof den Vorzug. Deutschland ist für sie so etwas wie das „gelobte Land“ der Umweltforschung: „Kenntnisstand, finanzielle Ausstattung und Infrastruktur sind so viel besser als anderswo.“
In Berlin haben die heute 34-jährige Irin und ihre dreijährige Tochter ein Zuhause gefunden. Die Mutter im Kreis der Adlershofer Kolleg:innen, mit denen sie sich auch außerhalb des Labors versteht – „Sie sind sehr gut im Organisieren von Events“ –, das Kind in einer Charlottenburger Kita. Die Finanzierung der Forschungsarbeit durch die Helmholtz-Gemeinschaft läuft 2027 aus. Und dann? Michelle Browne hat einen Traum. Eine Professur in Deutschland. Sie möchte bleiben.
Dr. Winfried Dolderer für Adlershof Journal
Website der Arbeitsgruppe „Electrocatalysis: Synthesis to Devices“ am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB)