Die Chipdesigner
Beim Start-up Synogate in Adlershof entsteht der Bauplan integrierter Schaltkreise
Dass Mikrochips die Herzen eines jeden Computers, Tablets oder Smartphones sind, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Sie führen die Befehle aus, die unsere Apps und das Betriebssystem ihnen erteilen. Doch es gibt noch andere Mikrochips, die ihren Dienst in einer Unmenge verschiedener Geräte verrichten. In Netzwerksystemen zum Beispiel sorgen sie dafür, dass wir im Internet surfen, Serien streamen oder telefonieren können. Eine Software brauchen sie für ihre Aufgaben nicht. Denn was sie dort tun, ist ihnen auf den Leib geschneidert. Das Start-up Synogate hat sich ihrem Design verschrieben.
„Wir entwerfen Mikrochips“, sagt Philipp Keydel. Zusammen mit Michael Offel und Andreas Ley hat der Jurist Synogate 2021 in Berlin gegründet. „Unser Fokus liegt auf Schaltkreisen für Kommunikations- und Netzwerklösungen.“ Hier werden zwei Arten unterschieden: ASICs und FPGAs. Erstere sind Application-Specific Integrated Circuits, zu Deutsch, anwendungsspezifische integrierte Schaltungen. Bei ihnen ist eine bestimmte Funktion fest in Silizium gegossen. Die lassen sich in hoher Stückzahl recht günstig produzieren – wenn erst mal die aufwendige und teure Vorlage erstellt ist. An der lässt sich später auch nicht mehr rütteln.
Bei Field Programmable Gate Arrays (integrierten Schaltkreisen) ist das anders. Sie erhalten ihre Funktion „im Feld“ – sie können also später im Gerät noch angepasst werden. „Egal ob ASICs oder FPGAs – die Entwicklung der Chips beginnt in der Regel immer auf einem weißen Blatt Papier“, erzählt Keydel.
„Die Schaltungen, die der Auftraggeber für seinen Einsatzzweck wünscht, werden Schritt für Schritt entwickelt. Dafür nutzen wir eine Hardwarebeschreibungssprache.“ Daraus entstehen dann hochspezialisierte herstellerspezifische Chips. „ASICs und FPGAs sind sehr viel schneller als Softwarecode, der auf einem handelsüblichen Prozessor ausgeführt wird. Gerade bei rechenintensiven Prozessen wie der Koordination des Datenverkehrs im Internet oder auch KI-Anwendungen hat das riesige Vorteile“, so Keydel. Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Berechnet eine große Versicherung am Ende des Jahres die Risikobewertung ihrer Kund:innen neu, dann laufen ihre Server schon mal zwei Wochen auf Hochtouren. Speziell dafür entworfene Chips könnten das Ganze in weniger als zwei Tagen erledigen.
Kennengelernt haben sich die Gründer vor mehr als zehn Jahren. „Wir drei haben für den gleichen Spieleentwickler gearbeitet“, erinnert sich Keydel. „Michael Offel und Andreas Ley waren dort als Programmierer beschäftigt und ich war im Producing und Qualitätsmanagement.“ Dann gingen sie erst einmal getrennte Wege. Der Weg von Offel war es, der sie später wieder zusammenführen sollte. Doch dafür arbeitete sich der Programmierer erst einmal ganz nach unten – wie man in der Branche sagt. Von der Softwareentwicklung hinunter zum Betriebssystem und von dort bis tief in die „Eingeweide“ der Technik. Er landete beim Chipdesign und musste feststellen, dass die aus der Softwareentwicklung so geliebten und überaus nützlichen Werkzeuge und Baukästen hier nicht existieren. Also schuf er sich seine eigenen. Herausgekommen ist das Framework Gatery, eine Art Programmiergerüst für Chips. Und die Idee für Synogate.
„Dafür suchte er noch nach einem erfahrenen Programmierer und jemanden für die unternehmerische Seite“, sagt Keydel. „Und hat uns gefragt.“ Lange musste er nicht bitten. Schon bald waren die drei dann wiedervereint und zogen mit einem Gründerstipendium versehen in den Humboldt-Inkubator in Adlershof. Von dort ging es dann vor kurzem ins Gründungszentrum IGZ. „Wir haben nach neuen Räumlichkeiten gesucht, wollten aber unbedingt in Adlershof bleiben“, sagt der Co-Gründer. „Wir denken, dass es hier sehr viele spannende Unternehmen gibt. Ideale Bedingungen für eine Zusammenarbeit.“
Von Adlershof aus wollen sie nicht nur die Chips für die Hardwarehersteller dieser Welt entwerfen, sie wollen auch ganz eigene entwickeln. „Insbesondere bei Sicherheitslösungen in der Netzwerktechnik sehen wir hier in Europa einen Nachholbedarf. Da verlassen wir uns nach wie vor auf das Know-how aus dem Silicon Valley“, erklärt Keydel. Dass sich auch diese Sicherheitsfunktionen in einen Chip pressen lassen, sieht er als großes Potenzial. „Hier würden wir gern eine europäische Lösung entwickeln, um das Bestreben nach digitaler Souveränität und Emanzipation voranzubringen. Das ist unsere Vision.“
Kai Dürfeld für Adlershof Journal