Diagnose mit radioaktivem Traubenzucker
Teilchenbeschleuniger im Einsatz für die Medizin
Hinter drei Meter dicken Stahlbetonwänden stellt die Euro-PET Berlin Zyklotron GmbH in Berlin Adlershof Radiopharmaka her. Diese schwach radioaktiven Substanzen, sogenannte Radiotracer, verwendet man für die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), ein hochpotentes bildgebendes Verfahren in der Nuklearmedizin. Das Verfahren kommt hauptsächlich in der Tumordiagnostik zum Einsatz, aber auch bei der Diagnose von anderen Erkrankungen, wie z.B. Schlaganfall, Herzinfarkt oder Parkinson.
Die Strahlendosis, die ein Patient durch die Injektion des Radiotracers bei der Untersuchung erhält, entspricht in etwa der Menge, die man auf einem Flug von Berlin nach New York durch die kosmische Strahlung aufnimmt.
Neues Verfahren für Tumorfrüherkennung
PET wird heute simultan mit einer Computertomographie (CT) angewendet. Dabei erstellt das Gerät nicht nur die Morphologie des Körpers, auch der Stoffwechsel wird bildlich dargestellt. Aufgrund der hohen Auflösung und des besonderen Informationsgehaltes einer solchen PET/CT-Aufnahme kann man z.B. selbst kleinste Tumore im Rahmen einer Frühdiagnose erkennen und anatomisch korrekt orten. Bei dieser Aufgabe würde jedes andere bildgebende Verfahren komplett versagen. PET wenden Ärzte weltweit bereits seit über 10 Jahren an und das Verfahren ist weiter auf dem Vormarsch. In Deutschland wird die Untersuchung bis jetzt nur bei begründeter Indikation von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Für einige Erkrankungen soll PET aber im Laufe dieses Jahres zur Regelleistung werden.
In Europas erstem freistehendem Zyklotron stellt Euro-PET nicht nur das am häufigsten verwendete Radiopharmakon [F18]-Fluordesoxyglucose für Routineuntersuchungen her, sondern betreibt auch Forschung und Entwicklung von neuen Radiotracern. Ein Ergebnis dieser Forschung ist das neue Radiopharmakon [F18]-Fluorethylcholin. „Das ist ein hochspezifischer Radiotracer für die Diagnose von Prostatakarzinomen. Dies ist ein sehr wichtiger Entwicklungsschritt, stellt doch der Prostatakrebs die inzwischen zweithäufigste Todesursache bei Krebserkrankungen von Männern dar“, so Dr. Thorsten August, Radiochemiker und verantwortlicher Kontrolleiter des Zyklotrons der Euro-PET Berlin.
Gegründet wurde das Unternehmen 1999 von vier Ärzten mit der Absicht, PET in Deutschland zu verbreiten. Den Betrieb nahm man Anfang 2004 in Adlershof auf. Seit März 2005 ist die Eckert & Ziegler AG, ein Spezialist für Medizinprodukte zur Diagnose und Behandlung von Krebs, Haupteigner von Euro-PET. Herzstück ist das Zyklotron, ein kreisrunder Teilchenbeschleuniger. Von der Adlershofer Firma Air Liquide gelieferte Wasserstoffteilchen werden in dieser Maschine beschleunigt und auf ein Reaktionsgefäß, ein sogenanntes Target, geschossen. Dabei entstehen radioaktive Substanzen in flüssiger Form oder als Gas. Diese werden in sogenannten Heißzellen an z.B. Glukose-Epimere (Traubenzucker) gekoppelt. Die fertigen Radiopharmaka versenden Mitarbeiter anschließend in bleiabgeschirmten Transportbehältern an Kliniken und Arztpraxen.
Produktion mit der Stoppuhr
Geschäftsführer Dr. Andreas Hey bezeichnet das Zyklotron als „Diva“ – es braucht ständige Aufmerksamkeit und will umsorgt sein. Das Zyklotron und die Syntheseanlage sind zudem extrem anspruchsvoll zu bedienen. Bei dem kleinsten sicherheitsrelevanten Fehler im System wird sofort automatisch die ganze Anlage heruntergefahren. Es gibt kaum Möglichkeit in das Verfahren einzugreifen, sobald die Maschine einmal arbeitet. Außerdem sind die Arbeitsschritte auf die Sekunde genau abgestimmt, da die radioaktiven Substanzen nur eine Halbwertszeit von maximal 110 Minuten haben. Deshalb trägt jeder Mitarbeiter eine Stoppuhr bei sich. Der enge Zeitrahmen muss auch beim Transport beachtet werden und setzt eine hochpräzise Logistik voraus. Die zu verabreichende Dosis ist für jeden Patienten exakt vorzukalibrieren. Euro-PET liefert an Ärzte in der Region, aber selbst Kunden in Italien wurden schon verzögerungsfrei mit Ware aus Berlin Adlershof per Flugzeug beliefert.
Kontakt:
Dr. Thorsten August
Tel.: 6392-2492
E-Mail: august(at)eupet.de