DFG-Forschungszentrum "Mathematik für Schlüsseltechnologien: Modellierung, Simulation und Optimierung realer Prozesse" in Berlin
Berlin ist jetzt Hauptstadt der Angewandten Mathematik
Mehr als 32 Millionen Euro für das DFG-Forschungszentrum "Mathematik für Schlüsseltechnologien" - Einmalige Stärkung des Wissenschaftsstandorts.
Mit einem großen Festakt nimmt am 20. November 2002 das
DFG-Forschungszentrum "Mathematik für Schlüsseltechnologien" seine Arbeit auf. Damit wird Berlin zur Hauptstadt der Angewandten Mathematik. Das Netzwerk - bestehend aus TU Berlin, FU Berlin und HU Berlin sowie dem Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik und dem Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik - konnte sich im Mai 2002 gegen ein starkes Mitbewerberfeld durchsetzen und bekam von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) den Zuschlag für dieses Exzellenzzentrum. Jährlich fließen damit von der DFG fünf Millionen Euro nach Berlin - ein Aspekt, der nicht nur dem finanzgebeutelten Standort, sondern vor allem auch der Wissenschaftsstadt in beispielhafter Weise zu Gute kommt. Die
beteiligten Berliner Institutionen steuern jährlich drei Millionen Euro Eigenmittel zu. An ihnen entstehen mehr als 70 neue Arbeitsplätze - angefangen von mehreren Professuren bis hin zu Stellen für Nachwuchswissenschaftler. Berlinweit nehmen jetzt schon mehr als 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktiv an Projekten des Zentrums teil.
"Finanzmarkt, Medikamentenentwicklung, Operationsunterstützung,
Chipherstellung oder Festnetzplanung - mit der Mathematik eröffnen wir in vielen Bereichen grundlegende Lösungswege. Unser Ziel ist es, die angewandte Mathematik für Schlüsseltechnologien in den Mittelpunkt zu rücken und so die Vernetzung mit zukunftsweisenden Wissens- und Anwendungsgebieten zu forcieren", sagt Koordinator Prof. Dr. Martin Grötschel. "Mit der Einrichtung des Zentrums können wir das bundesweit beispielhaft fördern."
Alternative zu England oder den USA
Die DFG initiiert und fördert mit solchen neuartigen Forschungszentren
exemplarische Leuchtturmprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Mit
diesen Exzellenzzentren sollen deutsche Hochschulen als Forschungsstätten so
attraktiv gemacht werden, dass sie sich als Alternative für den
internationalen Nachwuchs zu den USA oder England sowie für ausländische Spitzenwissenschaftler etablieren.
Die TU Berlin als Sprecherhochschule des Zentrums wird eine komplette Etage ihres Mathematikgebäudes für Arbeitsplätze des Zentrums räumen. "Wir investieren rund eine Million Euro", umschreibt TU-Präsident Kurt Kutzler die gewollte Schwerpunktsetzung. Mit dem Zentrum werde auch die von der Politik immer wieder geforderte Vernetzung im Wissenschaftsbereich in der Öffentlichkeit erkennbar. "Damit setzen wir ein deutliches Zeichen."
Inhaltliche Schwerpunktsetzung
Dass Mathematik viele interessante Bereiche unseres Lebens durchdringt, zeigen die sieben Anwendungsgebiete. In dem neuen Zentrum werden die Mathematikerinnen und Mathematiker in enger Kooperation mit Ingenieuren, Natur- und Wirtschaftswissenschaftlern hauptsächlich in den Themenfeldern Biotechnologie, Medizintechnik, Modellierung von Finanzrisiken, Telekommunikation, Halbleiter- und optische Technologien sowie Verkehrs- und Produktionsplanung arbeiten.
Die Entwicklung und Analyse realistischer Modelle für die Risiken der
Finanzmärkte wird einen der sieben Schwerpunkte bilden. Fortschritte bei der Lösung dieser finanzmathematischen Probleme erfordern neueste Methoden ausWahrscheinlichkeitstheorie und Statistik, mit denen sich die Wissenschaftler beschäftigen werden. Auch bei der Entwicklung von Medikamenten können Mathematiker helfen. Um ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, müssen Hunderttausende von Stoffen auf ihre potenzielle Wirksamkeit hin untersucht werden. Die enorme Rechenleistung heutiger Computer könnten die Wissenschaftler nutzen, um mit einer "virtuellen" Analyse der Wirkweise schon sehr früh die Gruppe der näher zu untersuchenden Stoffe einzugrenzen. Das spart viel Zeit und Geld.
Andere Anwendungsfelder ergeben sich bei der Herstellung von
Siliziumcarbid-Kristallen für die Herstellung von Computerchips oder bei der kosten- und qualitätsorientierten Festnetzplanung. Geht es um höchste Genauigkeit, dann sind mathematische Methoden auch bei der Simulation von Nanostrukturen für die Chipherstellung oder bei der Planung einer Kieferoperation gefragt.
Impulse für den Schulunterricht und starker Technologietransfer
Mathematik als eine lebendige und anschauliche Wissenschaft zu vermitteln, ist eine übergreifende Aufgabe des Berliner Zentrums. "Wir wollen die Ausbildung von der Schule bis zur Promotion verbessern", sagt Grötschel. So arbeiten Wissenschaftler der TU und FU Berlin an neuen Lösungen für die Visualisierung von Mathematik sowie an computerunterstützten Lehr- und Lernmaterialien. Neben der wissenschaftlichen Arbeit soll auch der Technologietransfer in die Wirtschaft intensiv unterstützt werden. Start-ups sollen im Umfeld der angewandten Mathematik ein hervorragendes Gründerklima
vorfinden. "Diese Zielsetzung ist gleichzeitig aktive Standortpolitik für Berlin", unterstreicht der Koordinator.
Das Programm der DFG für solche Exzellenzeinrichtungen ist bundesweit
maximal auf zwölf Zentren ausgelegt - gestreut über alle Fächer. Das
Berliner Zentrum ist das vierte dieser Art. Die DFG-Förderung ist zunächst auf vier Jahre ausgelegt mit einer möglichen Verlängerung auf zwölf Jahre. Dem Festakt an der TU Berlin folgt ein zweitägiges Fachkolloquium.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Martin Grötschel, TU Berlin und
Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin, E-Mail:
groetschel@zib.de, Tel.: 030/84185-210, Handy: 0163/5511095, Internet:
www.math.tu-berlin.de/DFG-Forschungszentrum
Rückfragen zur Pressekonferenz: Stefanie Terp, Pressestelle der TU Berlin, Tel.: 030/314-23922,
E-Mail: steffi.terp@tu-berlin.de.
Weitere Pressetexte und Bilder: