Der Laserforscher
Karsten König ermöglicht Einblicke in die menschliche Haut
Von Saarbrücken nach Adlershof, ein großer Sprung für ein kleines Unternehmen. Der sich gleichwohl ganz einfach erklärt: „Weil ich wieder zurückkommen will“, sagt Karsten König auf die Frage nach dem Warum. Am 1. Juni 2018 bezieht Königs Firma Jenlab GmbH die neuen Räume im Zentrum für Photovoltaik und Erneuerbare Energien. Zwei Wochen später veranstaltet der an der Universität des Saarlandes lehrende Physikprofessor im Max-Born-Institut einen internationalen Workshop, der seinem Lebensthema gewidmet ist, der Lasertechnik in Biomedizin und Materialforschung.
König ist in den Jahren nach 1960 in Adlershof aufgewachsen. Besuchte die 11. Polytechnische Oberschule in der Radickestraße und den evangelischen Hort am Marktplatz. Zu den Kunden der Apotheke, in der seine Mutter hinter dem Tresen stand, zählte die Schriftstellerin Anna Seghers. Doch in seinem Welterkundungsdrang strebte der enthusiastische Bergsteiger früh auch über Adlershof hinaus. Er reiste monatelang – damals illegal – durch die Sowjetunion, gelangte bis zur fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka, erkletterte Bergriesen in Mittelasien und versuchte auf Skiern übers Eismeer die berüchtigten Solowjezki-Inseln, den „Archipel Gulag“, zu erreichen.
Wie sich Licht in Krebstherapie und -diagnostik einsetzen lässt, hatte König schon als Diplomand und Doktorand in den 1980ern an der Universität Jena interessiert. Später entwickelte er ein Verfahren, um mithilfe von Laserstrahlen die Tiefenschichten der Haut zu erkunden. Mit einer Frequenz von 80 Millionen Pulsen pro Sekunde scannt das gebündelte nahe infrarote Licht das Gewebe ab, erzeugt in Sekundenschnelle optische Hautschnitte: „Wir sehen jede Zelle, und dank der hohen Auflösung können wir auch in das Innere der Zelle hineinschauen“, sagt König.
„Multiphotonen-Tomographie“ heißt das Verfahren, mit dem sich Hautkrebs in einem sehr frühen Stadium erkennen lässt, das aber auch die kosmetische Industrie nutzt, um die Wirkung ihrer Anti-Aging-Produkte zu testen. Königs Firma ist der weltweit einzige Anbieter.
Sein Fachwissen sei größer als seine Staatstreue, hatte es in Königs DDR-Abiturzeugnis geheißen. Nur mit Glück ergatterte er einen Studienplatz, zunächst in Rostock, später an der Uni Jena. Dort drohten Konsequenzen, als er im Mai 1989 gegen die Fälschung der Kommunalwahl protestierte. Im August brach er auf, um der DDR über den Himalaja zu entkommen und sich einen alten Wunsch zu erfüllen. Endlich die höchsten Gipfel der Erde sehen, die bislang unerreichbar jenseits der sowjetischen Grenze aufragten.
Das Unternehmen missglückte im ersten Anlauf, erübrigte sich aber schnell, weil die Mauer fiel. Im Frühjahr 1990 stand König mit einem Leipziger Freund dann doch auf dem etwas über 8.000 Meter hohen Shisha Pangma in Tibet. Ein halbes Jahr vor der deutschen Einheit gewannen die beiden damit einen Titel, den ihnen niemand mehr streitig machen kann – als die ersten und letzten Bergsteiger der DDR, die einen Achttausender bezwungen haben.
Von Winfried Dolderer für Adlershof Journal