Der IT-Entwickler
Gregor Wrobel fördert digitale Projekte mittelständischer Unternehmen
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„Mit Adlershof verwachsen“, nennt Gregor Wrobel das Institut, in dem er sein bisheriges Berufsleben fast komplett verbracht hat, und dasselbe ließe sich auch über ihn sagen. Wrobel war Mitte zwanzig und hatte gerade sein Mathematikstudium an der Berliner Hochschule für Technik (BHT) abgeschlossen, als er 1996 bei der GFaI – Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e. V. anfing. Damals, erinnert er sich, habe es in Adlershof eine einzige Anlaufstelle gegeben, wo etwas zu essen serviert wurde, und stellenweise habe sich das Bild einer Wildwestlandschaft geboten, über die der Wind vertrocknete Grasbüschel trieb.
Wrobel ist geblieben, von einer kurzen Unterbrechung abgesehen: „Nach einem dreiviertel Jahr bin ich zurückgekommen, weil die GFaI was Besonderes ist.“ Dass sie die Tradition einer in Adlershof beheimateten Forschungseinrichtung der ehemaligen DDR fortsetzt, ist eine der Besonderheiten. Die GFaI ging 1990 aus dem abgewickelten Zentralinstitut für Kybernetik und Informationsprozesse (ZKI) hervor. Seit 2010 ist sie in einem fünfgeschossigen Neubau in der Volmerstraße untergebracht, wo derzeit rund 150 Beschäftigte daran arbeiten, digitale Innovation zu ermöglichen.
„Wir sind die Forschungs- und Entwicklungsabteilung für kleine und mittlere Unternehmen“, sagt Wrobel. Auf seinem Schreibtisch landen Produktideen „mit hohem technischem Risiko“, das die Urheber selbst nicht tragen mögen: „Kann sein, dass es funktioniert, aber auch, dass es nicht funktioniert. Das ist praxisnahe Forschung!“ Die GFaI, die in solchen Fällen die Entwicklungsarbeit übernimmt, ist überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert. Bis zu 70 Prozent des Etats stammen aus Fördertöpfen vom Wirtschafts- und Forschungsministerium.
Zu den Erzeugnissen der Ideenwerkstatt zählt eine Software, die die Rentabilität komplexer Energieversorgungssysteme bewertet: Wann rechnet sich eine Investition in Wärmepumpen, Speicher oder der Umstieg auf Erneuerbare? Ein weiterer Fokus ist Forschung zur Qualitätskontrolle in der Industrie. Wrobel erwähnt ein KI-gestütztes System, das im laufenden Fertigungsprozess Werkstücke erfasst und die unbrauchbaren identifiziert. Ein ebenfalls KI-gestütztes Verfahren der Klangprüfung helfe, Produktionsfehler aufzuspüren, die dem bloßen Auge verborgen bleiben: Ein schadhaftes Bauteil hört sich anders an als ein intaktes, wenn es mit einem Hämmerchen angeschlagen wird, so das Prinzip. Erfunden hat die GFaI zudem die sogenannte Akustische Kamera, die in der Lage ist, Geräuschquellen zu lokalisieren: „Der Motor klappert – ich sehe im Bild, wo er klappert.“
Geboren in Lichtenberg, aufgewachsen in Friedrichshain, „ein Berliner und Kind der DDR“, nennt sich der heute 54-Jährige. Mit 16 begann er eine Lehre als Elektromonteur, weil er seiner Herkunft aus einem katholischen Elternhaus wegen im damaligen Staat keine Aussicht auf einen Studienplatz hatte. Bei der GFaI fing Wrobel als wissenschaftlicher Mitarbeiter an, stieg zum Bereichsleiter auf, zum stellvertretenden Geschäftsführer, schließlich 2023 zum Geschäftsführer. Sein bisheriges Fazit in dieser Rolle: „Es ist eine Herausforderung, so ein Institut zu finanzieren.“ Das liege an der schwindenden Bereitschaft der Politik, Innovationen zu fördern, und „immensen bürokratischen Hürden“.
Für Wrobel ist der „Transfergedanke“ Wesenskern seiner Arbeit. Ergebnisse der Forschung in die industrielle Praxis zu übertragen. Digitale Expertise in Form von Positionspapieren an Adressaten in der Politik. Wissen an eine nachwachsende Generation. Die Belegschaft der GFaI besteht zu einem Fünftel aus Studierenden im Praxissemester und in der Phase ihrer Abschlussarbeiten. „Junge Leute in MINT-Berufen auszubilden, ist Teil unserer Mission“, sagt Wrobel.
Dr. Winfried Dolderer für Adlershof Journal