Das Denken verstehen
Fraunhofer FIRST ist Mitglied im Center for Computational Neuroscience Berlin (CCNB), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 10 Millionen Euro gefördert wird
Pressemitteilung Fraunhofer FIRST, Nr. 50
In Berlin entsteht mit dem Center for Computational Neuroscience Berlin (CCNB) das erste von mehreren Zentren des „Nationalen Netzwerkes Computational Neuroscience“. CCNB wird in den nächsten fünf Jahren mit 10,3 Mio Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und setzt die „Futur-Leitvision „Das Denken Verstehen“ in die Praxis um. Ziel ist es, die Funktion des menschlichen Gehirns aus seiner Struktur und Dynamik heraus zu erklären.
Wegen der hohen Komplexität des Gehirns erfordert dieses Vorhaben ein enges Zusammenwirken von Neurowissenschaften, Biologie, Medizin, Physik, Mathematik und Informatik. Eine besondere Rolle spielt deshalb die junge und höchst dynamischen Forschungsrichtung der „Computational Neuroscience“: Sie verbindet Experiment, Datenanalyse und Computersimulation auf der Grundlage wohldefinierter theoretischer Konzepte und stellt damit eine wissenschaftliche Sprache zur Verfügung, die fach- und ebenenübergreifend von der Neurobiologie sowie der Kognitionsforschung, Systembiologie und Informationstechnologie genutzt werden kann.
Das CCNB wird von der Charité, der Freien Universität Berlin (FU), der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der Technische Universität Berlin (TU), dem Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik FIRST, dem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin Berlin-Buch und dem Wissenschaftskolleg zu Berlin getragen und umfasst 22 Forschungsprojekte. Im Mittelpunkt steht eine zentrale Frage der Neurowissenschaften: Wie ist es möglich, dass wir Sinneseindrücke mit Millisekunden-Präzision erfassen und fein abgestimmt reagieren können, obwohl die Signalverarbeitung auf allen Ebenen in unserem Gehirn – von einzelnen Nervenzellen bis zu ganzen Hirnregionen – stark unterschiedliche Antworten auf identische Reize zeigt? Der scheinbare Widerspruch zwischen der beeindruckenden Verlässlichkeit und Echtzeitfähigkeit unseres Gehirns und der ausgeprägten Variabilität der zugrundeliegenden neuronalen Prozesse ist von großer Bedeutung für klinische und biotechnologische Anwendungen. Fortschritte auf diesem Gebiet haben weitreichende Bedeutung für die Prävention und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems, für die Entwicklung neuartiger, hochleistungsfähiger Computer, für ein besseres allgemeines Verständnis biologischer Prozesse und nicht zuletzt auch für das Bildungswesen.
Zur Ergänzung der schon bestehende Forschungspotenziale in Berlin werden im Rahmen des CCNB drei neue Professuren eingerichtet: an der Charité für “Theorie und Analyse weiträumiger Hirnsignale”, an der HU für “System-Neurobiologie und Neuronale Informationsverarbeitung” und an der TU für “Modellierung kognitiver Prozesse”.
In den Bereichen Biomedizin und Infirmationstechnologie wird das CCNB entscheidend dazu beitragen, die Berliner Region als einen wichtigen wissenschaftlichen Standort in Europa weiter zu stärken. Daher haben sich Charité, HU und TU bereiterklärt, das Zentrum und seine Professuren nach Auslaufen der BMBF-Förderung substanziell zu unterstützen. So wird dem Zentrum ein eigenes Gebäude auf dem Campus der HU in Berlin Mitte zur Verfügung gestellt, in dem die Büro- und Seminarräume und zwei der neuen Professuren untergebracht sind. Die dritte Professur – auf dem nahe gelegenen Campus der TU – wird die Brücke zu den dortigen ingenieurwissenschaftlich und informationstechnologisch ausgerichteten Arbeitsgruppen bilden. Das CCNB wird auch ein umfangreiches Gästeprogramm einrichten, Seminare und Workshops organisieren, und gleichermaßen Neurowissenschaftlern wie der breiten Öffentlichkeit dienen. Das Wissenschaftskolleg zu Berlin wird Fellows für Fokusgruppen zu CCNB-relevanten Fragen einladen, in der Regel für ein akademisches Jahr.
Um fortgeschrittenen Studenten in die Forschung am CCNB zu integrieren, wird das derzeitige Lehrprogramm der Berliner Universitäten um eine „Graduate School for Computational Neuroscience” mit einem interdisziplinären Master- und Promotionsstudiengang erweitert. Der Studiengang wird von allen am CCNB beteiligten Institutionen getragen und verbindet Wissensgebiete aus Medizin, Physik, Biologie, Ingenieurwissenschaften und Informatik. Um besonders talentierte Studenten zu gewinnen und zu unterstützen, werden jährlich drei kompetitive „CCNB- Promotionsstipendien“ ausgeschrieben. Außerdem wird der internationale Austausch von Studenten aus Europa und Übersee gefördert.
Das neue Zentrum ergänzt eine Reihe von Initiativen in den Lebenswissenschaften in Berlin, wie das „Berlin Neuroimaging Center“, die BMBF-Netzwerke zu Schlaganfall, Systembiologie und Bioinformatik, das Nationale Genomforschungsnetz und verschiedene Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft und wird die Computational Neuroscience zu einer Schlüsseldisziplin in der Erforschung des menschlichen Gehirns werden lassen.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Klaus-Robert Müller
Tel.: 0 30 / 63 92-18 60