Brennstoffzellenautos in Serie
Werden Brennstoffzellen die Energieversorgung der Zukunft verändern können? Die Erwartungen sind hoch, aber die Technologie ist kostenintensiv. Brennstoffzellenautos sind derzeit nur als Lehrmittel rentabel. In Adlershof werden sie in Serie produziert.
Noch interessiert sich Helene, die neun Monate alte Tochter von Stefan Sonntag, nicht für die technischen Details des schicken Kunststoffflitzers mit den großen blauen Rädern. Doch spätestens in der Sekundarstufe I wird sie nicht daran vorbei kommen. Das transparente Modellauto ist nämlich kein Spielzeug, sondern kommt im Physik- und Chemieunterricht zum Einsatz. Es ist ein Brennstoffzellenauto, angetrieben allein durch destilliertes Wasser und Sonnenlicht. „Sozusagen unser Einsteigerprodukt für die Solar-, Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie“, sagt Sonntag. Der 30jährige ist Produktmanager bei der Adlershofer Heliocentris Energiesysteme GmbH. Das Unternehmen entwickelt und produziert seit über zehn Jahren Brennstoffzellen-Ausbildungssysteme für Schule und Universität. Ausführliche Dokumentationen und Experimentieranleitungen erleichtern dabei Lehrenden und Lernenden den Zugang zu der Technologie, die mit hohem Wirkungsgrad und umweltfreundlichem Emissionsverhalten punktet. So erfährt der Nachwuchs spielerisch, dass Brennstoffzellen elektrochemische Energiewandler sind. Mit den Minikraftwerken lässt sich anschaulich zeigen, wie sich Wasserstoff und Luft in Wasserdampf und Strom verwandeln.
Spektakuläre Energiesparvehikel
Verschiedenste, manchmal auch recht eigenwillig aussehende Fahrzeuge wie Boote und Autos mit Brennstoffzellenantrieb entstehen aus den Schülerübungskästen und Bausätzen von Heliocentris und treten in Wettbewerben gegeneinander an. Beim europäischen Shell Eco-Marathon beispielsweise, wo es darum geht, ein Fahrzeug zu entwerfen und zu bauen, das die kleinste Menge an Kraftstoff verbraucht für die weiteste Distanz. Dort gibt es auch eine Kategorie mit Brennstoffzellenfahrzeugen, bei denen zu einem Großteil die Brennstoffzellensysteme von Heliocentris verwendet werden. Das Gewinner-Team in diesem Jahr kam aus Dänemark und legte Anfang Mai auf dem Eurospeedway Lausitz 3.549 Kilometer mit dem energetischen Äquivalent von nur einem Liter Normalbenzin – in diesem Fall Wasserstoff – zurück.
Von Lernsystemen bis zur Laboreinrichtungen
In Forschung und Lehre ist die Nachfrage nach Brennstoffzellen so groß, dass Heliocentris in Serie produziert. Neben den Lern- und Experimentiersystemen werden zum Teil auch ganze Laboreinrichtungen angefragt. Für Universitäten werden Lernsysteme gefertigt, bei denen die Brennstoffzellen auf große Tafeln montiert und Daten über eine eigens programmierte Software aufgenommen und veranschaulicht werden. In letzter Zeit habe man sich unter anderem auf die Internationalisierung der Bildungsprodukte konzentriert. Dazu sind Anpassungen an die unterschiedlichen technischen Standards der einzelnen Länder notwendig, auch die verschiedenen Netzspannungen müssten beachtet werden. „Das Modellauto nebst Anleitung gibt es inzwischen in neun Sprachen“, ist der sympathische Produktmanager Sonntag stolz. Und in über 50 Länder weltweit werden die Lehrmittel von Heliocentris schon exportiert.
45 Mitarbeiter groß ist das Team am Berliner Hauptsitz. Eine Zweigstelle in Kanada und viele Vertriebspartner helfen den Absatz zu koordinieren. Neben Ausbildern und Entwicklern unterstützt Heliocentris auch industrielle Partner weltweit, wasserstoffbasierte Brennstoffzellentechnik als Bestandteil moderner Energiesysteme zu etablieren.
Bis Brennstoffzellenautos jedoch nicht nur als Modell, sondern auch im großen Maßstab in Serie vom Band laufen und alltagstauglich sind, muss die Industrie aber noch an Lösungen tüfteln. Vielleicht gibt es die, wenn Stefan Sonntags Tochter erwachsen ist.
Link: www.heliocentris.com