BESSY-Upgrade
Zwei Zukunftsprojekte am Helmholtz-Zentrum Berlin
Variable Lichtpulse und eine bessere Nutzung des Sonnenlichts – diese zwei Zukunftsprojekte des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie machen die Forschungslichtquelle BESSY einzigartig.
Lichtstärker und schärfer soll die Photonenquelle BESSY II werden, neuartige Materialien sollen Solarzellen leistungsfähiger machen. Darauf zielen anspruchsvolle Projekte des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie (HZB) in Adlershof.
„Wir schaffen mit diesen beiden Zukunftsprojekten weltweit einmalige Strukturen“, sagt Prof. Bernd Rech, kommissarischer wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZB seit Mai 2017. 2006 kam der Physiker als Leiter des Instituts Silizium-Photovoltaik ans HZB. Er ist zudem Professor der Fakultät Elektrotechnik und Informatik an der Technischen Universität Berlin. Variable Lichtpulse und eine bessere Nutzung des Sonnenlichts – diese zwei Zukunftsprojekte des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie machen die Forschungslichtquelle BESSY einzigartig.
Die Synchrotronlichtquelle BESSY II liefert weiche Röntgenstrahlung mit fester Pulslänge von etwa 17 Pikosekunden (Billionstel Sekunden) und hohem Photonenfluss. Nur an wenigen Tagen im Jahr wird auf Pulse von etwa zwei Pikosekunden Dauer umgeschaltet, wobei der gespeicherte Strom und daher die Lichtstärke sehr stark reduziert werden müssen. Das soll mit dem neuen Konzept BESSY VSR (Variabler Pulslängen-Speicherring) besser werden. Die Experimentatoren an jedem der derzeit 47 Messplätze können frei wählen, ob sie kurze oder lange Lichtpulse bekommen, ohne dass es zu einem Verlust an Intensität kommt.
„Einen solchen Speicherring gibt es bisher nirgendwo auf der Welt“, sagt Rech. Damit werde die Lücke zwischen Synchrotronstrahlern und Freie-Elektronen-Lasern geschlossen. Letztere könnten zwar mit noch kürzeren Zeitpulsen messen, aber kein so breites Analysespektrum abdecken, für Energie- und Materialforschung ebenso wie für Lebenswissenschaften, für Katalyse oder Photosynthese.
Ein Schwerpunkt des HZB ist die Analytik von Dünnschichtmaterialien, wie sie auch für Solarzellen benötigt werden. Mit den ultrakurzen Lichtpulsen lassen sich die geometrischen und elektronischen Strukturen der Materialien sowie schnell ablaufende Prozesse, etwa magnetische und optische Schaltvorgänge an den Grenzflächen, aufklären. Die Ergebnisse können dazu beitragen, Bauelemente zur Energieumwandlung und -speicherung effektiver und kostengünstiger zu machen. Derzeit dominieren Solarzellen aus Silizium, deren Wirkungsgrad maximal 20 Prozent beträgt. Viel Hoffnung setzen die HZB-Forscher nun auf Werkstoffe mit Perowskit-Kristallstruktur. „Perowskit-Solarzellen gehören zu den vielversprechendsten Materialklassen“, sagt Rech. So verspricht die Kombination von silizium- und perowskithaltigen Schichten zu einer Tandemsolarzelle bessere Nutzung des Sonnenlichts. „Damit wären Wirkungsgrade von über 30 Prozent in Solarmodulen erreichbar“, erklärt der Physiker.
Beim Zukunftsthema Perowskit kooperiert das HZB mit Universitäten in Berlin und Potsdam sowie mit industriellen Partnern. Am HZB werden dazu zusätzliche Labore aufgebaut und drei Nachwuchsgruppen mit jungen, aber international erfahrenen Wissenschaftlern etabliert. Sie interessieren sich nicht zuletzt dafür, wie das polykristalline Material großflächig und mit einfacher Drucktechnik hergestellt werden kann. Spannend ist auch, ob das in geringer Konzentration in den Solarzellen enthaltene Blei gesundheitsschädlich wirkt. Lässt sich das Schwermetall eventuell ersetzen? Wie kann man die Lebensdauer des attraktiven Solarzellenmaterials auf 25 Jahre verlängern? Was passiert an der Grenzfläche zwischen Silizium und Perowskit? Mit solchen Fragen beschäftigt sich auch das im Januar 2017 gegründete Labor HySPRINT (Hybrid Silicon Perovskite Research, Integration & Novel Technologies), eines von sieben in Deutschland geförderten Helmholtz Innovation Labs.
Von Paul Janositz für Adlershof Journal
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