Atomarer Kreisverkehr
Physikalisches Phänomen von links- und rechtsdrehenden Magnetwirbeln nachgewiesen
Erstmals gelang der Nachweis, dass es in fester Materie rechts- und linksdrehende "Magnetwirbel" gibt. Dieses physikalische Phänomen namens Ferrotoroidizität könnte die Grundlage dafür sein, Computer schneller und Festplatten leistungsfähiger machen. Die Physiker von der Uni Bonn und aus dem Max-Born-Institut berichten mit Kollegen darüber in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Nature".
Wissenschaftler der Universität Bonn haben zusammen mit Kollegen des Berliner Max-Born-Instituts für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) und Genfer Forschern erstmals nachgewiesen, dass es in fester Materie rechts- und linksdrehende "Magnetwirbel" gibt. Dieses physikalische Phänomen namens Ferrotoroidizität könnte die Grundlage dafür sein, Computer schneller und Festplatten leistungsfähiger machen. Die Physiker berichten darüber in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Nature" (Bd. 449, 11. Oktober, S. 702; doi:10.1038/nature06139).
Heutige Festplatten sind aus mehrerlei Gründen störungsanfällig. Die Nullen und Einsen werden auf ihnen als winzige magnetisierte Bereiche auf eine ferromagnetische Oberfläche geschrieben, der "Stift" ist ein Magnetfeld. Das Problem dabei ist, dass auch das "Auge", das die Informationen liest, ein Magnetfeld ist. Jedes Auslesen der Daten kann also die Daten selbst beeinflussen. Mehr noch: Die Schrift wird immer kleiner und damit anfälliger gegen Zerstörung, je mehr Daten auf eine Festplatte passen müssen. Erschwerend hinzu kommt, dass das Erzeugen eines Magnetfelds vergleichsweise lange dauert - der Datentransfer zwischen Festplatte und Recheneinheit also langsam abläuft.
Viel schneller würde es gehen, wenn man die magnetische Information mithilfe elektrischer statt magnetischer Felder schreiben könnte. Auch die Beschädigung der magnetisch gespeicherten Information durch ein elektrisches Feld ist viel unwahrscheinlicher. Bas van Aken und Kollegen beschreiben nun in der Fachzeitschrift Nature ein Material, das genau dies ermöglichen könnte. Die Wissenschaftler stellen eine Substanz namens Hübnerit (wissenschaftlich: Lithiumkobaltphosphat, LiCoPO4) vor, in der die Kopplung zwischen elektrischen und magnetischen Feldern sozusagen automatisch eingebaut ist. Dies beruht auf der Bildung einheitlicher magnetischer Wirbel in dem Material, was als Ferrotoroidizität bezeichnet wird.
Geleitet wurde die Studie von Prof. Manfred Fiebig. In seiner Arbeistgruppe am MBI wurde ein laseroptisches Verfahren entwickelt, das zum Nachweis magnetischer Wirbel genutzt werden konnte. Die Vervollständigung des Nachweises erfolgte dann nach dem Wechsel der Arbeitsgruppe an die Universität Bonn. Manfred Fiebig erläutert: "Einen magnetischen Wirbel kann man sich wie eine Art Kreisverkehr vorstellen. Anstelle von Autos sind hier jedoch magnetisierte Atome im Kreis angeordnet. Die atomaren Magnete können rechts oder linksherum angeordnet sein - so, wie ein Kreisverkehr rechts oder links herum durchfahren werden kann."
Ferromagnetismus und Ferrotoroidizität sind sich in vielerlei Hinsicht ähnlich, aber - und das ist entscheidend - nur die ferrotoroidischen Materialien lassen sich grundsätzlich durch elektrische Felder manipulieren. "Wir können in diesen durch ein elektrisches Feld die magnetisch gespeicherte Informationen beeinflussen", sagt Fiebig. Eine entsprechende Festplatte käme also ohne Magnetfelder aus. Besser noch: Da der zeitaufwändige Aufbau eines Magnetfelds zum Schreiben und Lesen entfiele, würde die Datenspeicherung so viel schneller.
Aber noch ist das Zukunftsmusik, denn "bislang ist es uns nur gelungen, die Drehrichtung der Magnetwirbel zu lesen", sagt der Physiker. In einem nächsten Schritt will das Team nun gezielt Informationen schreiben. Außerdem suchen sie nach weiteren Materialien, die eventuell für zukünftige Speicher in Frage kommen.
Weitere Informationen dazu gibt es auf den Seiten der Uni Bonn.
Kontakt:
Professor Dr. Manfred Fiebig
Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-2539
Pressemitteilung Forschungsverbund Berlin e.V. vom 11.10.2007