„Akustische Kamera“ - eine Attraktion auf der Expo in Japan
Lärmanalyse-System entwickelt sich für die Berliner GFaI zum Exportschlager/Ziel: Verdoppelter Kamera-Umsatz auch 2005 und 2006
Im gut besuchten deutschen Pavillon auf der Ende März eröffneten Expo 2005 im japanischen Aichi zählt es zu den besonders anwender- und umweltorientierten Exponaten, kann gleich vor Ort ausprobiert werden und zeigt sich auch dort ganztägig ohne Fehl und Tadel: das Kamerasystem aus Berlin Adlershof, das Lärm „sehen“, hochgenau analysieren und optisch darstellen kann. Das Entwicklungsteam der GFaI, der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik, fand für die heute viel beachtete Hightech-Lösung einst den Namen „Akustische Kamera“.
In Aichi – Expo-Motto: Weisheit der Natur – ist das akustisch-optische System, das den Lärm von Maschinen und anderen Geräuschquellen für das Auge sichtbar macht, um ihn als Umweltbelastung letztlich eindämmen zu können, aufgebaut. Vor eineinhalb Jahren war das Projektteam für seine bahnbrechende Leistung mit dem Innovationspreis der Länder Berlin und Brandenburg ausgezeichnet worden. Die „Akustische Kamera“ machte damals Schlagzeilen in den Medien, lockte zahlreiche Interessenten aus aller Welt und vorrangig aus der Industrie zur GFaI nach Adlershof. Inzwischen ist sie bereits in 14 Ländern und unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen im Einsatz. „Unsere Innovation setzt sich international durch, auch weil wir sie – seit wir die ersten Systeme auf den Markt brachten und verkauften –, ständig verbessert, miniaturisiert und den Kundenwünschen angepasst haben“, sagt Dirk Döbler, Projektteamleiter Softwareentwicklung bei der Adlershofer Gesellschaft. In Japan werde jetzt die jüngste Generation mit weiter entwickelter Hard- und Software präsentiert, die ab Mai 2005 im Angebot sei.
Das Prinzip der „Akustischen Kamera“, die Schallwellen und deren Reflexionen sichtbar macht, ist relativ einfach; die praktische Umsetzung vor allem mittels spezieller Software deutlich komplexer: Eine Videokamera hält das optische Bild eines Gerätes/einer Lärmquelle fest. Gleichzeitig nehmen Gruppen von früher 36, nunmehr bis zu 72 je nach Einsatz speziell angeordneten Präzisionsmikrofonen die Schallwellen auf. Ein Datenrekorder digitalisiert und speichert sie. In Kürze werden Kartierungen beispielsweise von Fahrzeug- oder Flugzeuginnenräumen auch dreidimensional möglich sein. Die elektrischen Signale werden analysiert; der Computer erstellt eine Geräuschkarte und legt sie über das Foto bzw. das 3‑D-Modell. Es entstehen farbige Schallbilder, auf denen sich die Entstehungsorte unliebsamer Frequenzen exakt bestimmen lassen. So genannte Falschfarben markieren die Geräuschpegel. So sind die lautesten Stellen rot, leisere blau, grün oder gelb eingefärbt. Auf diese Weise kann die Geräuschentwicklung direkt am oder im Objekt gemessen werden. Aber auch Ausstrahlung und Fernwirkung lassen sich genau analysieren. Die Kamera kann dabei Bildserien von bis zu 192 000 Abbildungen pro Sekunde erstellen, so dass hochauflösende „Lärmfilme“ möglich werden.
Das erste Schallbild, das Ende der 90er Jahre mit dem Kamera-Prototyp gemacht wurde, war das einer Boing 737. Seither hat sich die „Akustische Kamera“ – Stückpreis: rund 100 000 Euro – bei der Untersuchung zum Beispiel von Werkzeug-, Verpackungs- und Holzbearbeitungsmaschinen, bei Windkraftanlagen und Haushaltsgeräten mit zum Teil überraschenden Messergebnissen bewährt. In den zurückliegenden Monaten seien die Geräuschpegel u. a. von Plasmabildschirmen, Notebooks, zahnärztlichen Bohrern, ja sogar von künstlichen Kniegelenken und Fledermäusen vermessen worden, weiß GFaI-Marktentwickler Gunnar Heilmann. Nach seinen Worten nutzen inzwischen vor allem auch Automobilproduzenten in Deutschland und in Übersee das System, um Lärmemissionen zu verringern, leisere Motoren zu produzieren und Klappergeräusche zu beseitigen.
Eine „hoch zweistellige Zahl Akustischer Kameras“ sei weltweit mittlerweile verkauft und vermietet worden, ein Millionen-Umsatz für die Gesellschaft in Adlershof. „Diese Größe konnten wir seit 2001 jährlich verdoppeln“, freut sich Heilmann. Auch für 2005 sowie das Folgejahr rechnet er mit einem solchen Ergebnis, „weil wir mit der aktuellen Auftragslage bereits bis zum Ende dieses Jahres weitgehend ausgelastet sind“. In den letzten Monaten war das System u. a. an die italienische Staatsbahn RFI, den japanischen Mischkonzern Hitachi, den taiwanesischen Computerhersteller Asus, das finnische Arbeits- und Gesundheitsschutzinstitut sowie an weitere Kunden in China, Südkorea, Österreich und Schweden verkauft worden. Seit wenigen Wochen setzen neue GFaI-Geschäftspartner in Großbritannien und den USA die Technik aus Berlin ein. „Unsere Entwicklungs- und Produktionsabteilung, die von vier auf inzwischen 15 Mitarbeiter angewachsen ist, arbeitet unter Hochdruck“, weiß auch Döbler. Demnächst seien weitere Einstellungen geplant. Teile des Systems werden bereits in Zusammenarbeit mit Firmen gefertigt, die gleichfalls auf dem Gelände des Technologiestandortes Adlershof beheimatet sind.
Heilmann, der die „Akustische Kamera“ auch schon in Aichi den Besuchern des deutschen Pavillons vorstellte („in der Tat eine der Attraktionen“), ist nicht erstaunt über das große Interesse der Japaner an derartiger Hightech. „Dort gibt es ein großes Interesse an umweltgerechten Lösungen, und die Exponate der deutschen Aussteller fügen sich in das Expo-Thema sehr gut ein.“ Dass sich beim japanischen Vertriebspartner der GFaI zudem potenzielle neue Geschäftskunden gemeldet haben, darunter der Automobilhersteller Toyota, ist für den international tätigen Kamera-Vermarkter ein erfreuliches Nebenergebnis. „Wir sind offizieller Sponsor der Expo und wollen dort in erster Linie Lobbyarbeit in Sachen Umwelt leisten“, sagt er.
Kontakt:
Dirk Döbler
Projektteamleiter GFaI e. V.
Rudower Chaussee 30
12489 Berlin
www.gfai.de
Nachrichtenbüro
Thomas Wolter
i. A. Bereich Kommunikation
WISTA-MANAGEMENT GMBH
Rudower Chaussee 17
12489 Berlin
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