Mikroelektronik für Hightech aus einer Hand
Finanzspritze für neue Fertigungsstrecke am Ferdinand-Braun-Institut
Forscher und Firmen in Adlershof treiben Entwicklungen rund um die Mikroelektronik voran. Vor allem das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik, ist in der anwendungsorientierten Forschung eine feste Größe. Als Teil der „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland“ wird das Institut mithilfe weiterer Spezialisten auf dem Wista-Gelände Technologien von morgen auf den Weg bringen.
Industrie 4.0? Elektromobilität? Echtzeit-Kommunikationstechnologien? Ohne Mikro- und Nanoelektronik wäre all das nicht denkbar. Leistungsstarke Elektronik im Kleinstmaßstab ist eine branchenübergreifende Schlüsseltechnologie, die die digitale Transformation vorantreibt. Ein neuer starker Treiber dafür wird die „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland“ (FMD) sein, mit der Anwendern Forschungsdienstleistungen entlang der kompletten Innovationskette aus einer Hand angeboten werden sollen.
„Die FMD ist ein einzigartiges Angebot für die deutsche und europäische Halbleiter- und Elektronikindustrie, mit dem diese international gestärkt wird“, sagt Prof. Günther Tränkle, Direktor des Ferdinand-Braun-Instituts, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH). „Die deutsche Forschung ist auf diesem Gebiet zwar schon sehr stark, aber eine gemeinsame Struktur fehlte.“ Das ändert sich jetzt: Gemeinsam mit zwölf weiteren Forschungsinstituten und insgesamt mehr als 2.000 wissenschaftlichen Mitarbeitern bildet das Adlershofer Institut einen der weltweit größten Pools für Technologien rund um Smart Systems. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt die FMD mit rund 350 Millionen Euro, wovon 117,2 Millionen Euro nach Berlin und Brandenburg fließen, womit die je zwei Leibniz- und Fraunhofer-Institute ihre technologische Infrastruktur modernisieren und ergänzen werden.
Adlershof spielt dabei mit dem FBH, das als eines der weltweit führenden Institute für anwendungsorientierte und industrienahe Forschung in der Mikrowellentechnik und Optoelektronik gilt, eine bedeutende Rolle. „Adlershofer Institute und Firmen sind auf diesem Gebiet zwar schon recht gut aufgestellt, doch nun bieten sich den lokalen Playern, etwa im Gerätebau, durch den Ausbau der Infrastruktur sowie der engen Kooperation zwischen Instituten und Industrie, noch bessere Möglichkeiten“, sagt Tränkle.
Im Fokus der institutsübergreifenden Arbeit stehen die Themen siliziumbasierte Technologien, Verbindungshalbleiter und Sondersubstrate, Heterointegration sowie Design, Test und Zuverlässigkeit. „Das FBH bringt vor allem seine Expertise bei der Entwicklung von energieeffizienten Halbleiterkomponenten ein“, sagt Tränkle. Bei uns in Adlershof werden neuartige Materialien erforscht sowie Bauelemente für die Elektromobilität, alternative Energien und die mobile Kommunikation der Zukunft designt, berichtet Tränkle. „Wir entwickeln zudem Bauteile für den Terahertz-Bereich, unter anderem für die zerstörungsfreie Prüfung und die Quantentechnologie, die künftig eine abhörsichere Datenübertragung und hochpräzise Messgeräte ermöglichen soll.“
Bis zum Jahr 2020/21 werden aus dem Projekt 34,2 Millionen Euro ins FBH fließen, womit unter anderem eine Fertigungsstrecke für Terahertz- und Leistungselektronik-Bauteile unter Reinraumbedingungen im Zentrum für Mikrosysteme und Materialien entstehen wird. Die erste Maschine dafür steht schon bereit und ist startklar. Die mehr als eine Million teure und vom Forschungsministerium geförderte Hightechanlage kommt von der Adlershofer Firma Sentech Instruments, die auf Geräte für die Plasmaprozesstechnologie, die Dünnschichtmesstechnik und die Photovoltaik spezialisiert ist und seit mehr als 20 Jahren mit dem FBH über Forschungsprojekte sowie die Lieferung von Ausrüstung zusammenarbeitet. „Diese Kooperation wie auch die Forschungsfabrik sind Quellen für neue Ideen“, sagt Geschäftsführer Albrecht Krüger.
Die Maschine von Sentech für die FMD besteht aus drei Modulen, von denen zwei dem „reaktiven Ionenätzen“ dienen, das heißt, dass durch den Beschuss eines Materials mit kleinsten elektrisch geladenen Teilchen feinste Strukturen entstehen, etwa für die Waferherstellung. Zudem können mit der Anlage mittels Atomlagenabscheidung (Atomic Layer Deposition) dünnste dreidimensionale Schichten auf einem Ausgangsmaterial hergestellt werden. Eine Technik, auf die das FBH bisher nicht zugreifen konnte. „Mikrooptik und Optoelektronik sind ein wichtiges Zukunftsfeld“, betont Krüger, „deshalb hat die Forschungsfabrik eine große Bedeutung, auch für die Firmen und Institute in Adlershof.“ Krüger ist sich sicher: „Von hier aus werden wichtige Impulse für die Technologie ausgehen.“
Von Chris Löwer für Adlershof Journal