Erfolgreiche Ost-West-Ehe
Die Sentech Instruments GmbH zählt zu den Pionieren auf dem Gelände des Wisssenschaftsstandortes Adlershof. Die Firma mit ihrem Ost-West-Führungsduo hat in den vergangenen 20 Jahren eine gesamtdeutsche Erfolgsgeschichte geschrieben.
Es ist der 9. November 1989. Als die Mauer fällt, schlendert Dr. Albrecht Krüger als Teil einer DDR-Delegation von Wissenschaftlern über die Halbleitermesse Productronica – in München. Am Tag darauf fährt der Trupp mit dem Bus zurück nach Ostberlin: „Als wir den Treck Richtung Westen sahen, kam es uns so vor, als seien wir die einzigen DDR-Bürger, die in den Osten zurückfahren“, erinnert sich der heute 62-Jährige. Zur gleichen Zeit verfolgt Dr. Helmut Witek im Fernsehen, wie der Berliner Kurfürstendamm in blaues Gewölk gehüllt wird, das knatternde Trabis mit ihren Zweitaktern ausstoßen. Der heute 67-Jährige sitzt auch an jenem Abend in München – der Wahlheimat des gebürtigen Bielefelders.
Beiden ist klar: Ab jetzt wird vieles anders. Wie schnell jedoch, ahnen sie nicht. Und vor allem nicht, dass die beiden promovierten Physiker bald die Firma Sentech Instruments gründen werden, und damit zu den Pionieren des Technologieparks Adlershof zählen.
Die Firma entwickelt, produziert und verkauft wissenschaftliche Geräte für die Dünnschichtmesstechnik sowie die Plasmaprozesstechnologie. Die Anlagen stehen in vielen Forschungslaboren und Produktionsstätten für optoelektronische Bauelemente von Mikrosystemen, Mikrooptiken sowie jüngst in der Photovoltaik.
Sentech versteht sich sozusagen auf die Analyse und Herstellung kleinster Strukturen. Die Entwicklung der 1990 gegründeten Firma selber erfolgte wie in einem Mikrokosmos, der den Gang der deutschen Einheit widerspiegelt: „Das ungeheure Umbruchtempo, der Zusammenbruch und Aufbau in Ostdeutschland zeigte sich hier in Adlershof wie im Brennglas“, bilanziert Witek. Das gilt auch für Sentech.
Die Gründer kannten sich vorher nicht, obgleich Witek wissenschaftliche Apparate in die DDR verkaufte und daher auch öfter in der Akademie der Wissenschaften (AdW), der Krüger seit 1973 angehörte, zugange war. Kurz nach der Wende kreuzten sich ihre Wege. Dann ging alles sehr schnell. Witek sah das Potenzial im Apparatebau, beide entschlossen sich, der Abwicklung des Instituts für wissenschaftlichen Gerätebau der AdW durch Neugründung zuvorzukommen.
Seither ist die Arbeitsteilung klar: „Herr Witek verkauft und ich konstruiere“, bringt Krüger die Sache auf den Punkt. Ost-West-Reibereien kennen die beiden nicht. Sentech versteht sich von Anfang an als gesamtdeutsche Firma. „Mit uns beiden ist es wie in einer Ehe: Entweder es klappt oder es klappt nicht. Und wenn man nicht immer jeden Gedanken ausspricht, dann harmoniert man auch“, sagt Krüger, der in Sangerhausen geboren wurde.
Wie Ehepartner erscheinen die beiden unterschiedlichen Charaktere dennoch nicht. Gegenseitige Eigenheiten sind erlaubt. Überdies führen sie eine Fernbeziehung, denn Witek pendelt seit Jahren zwischen Krailling bei München und Berlin. Die beiden sind Profis, unterhalten, wie sie sagen, „eine rein berufliche Verbindung“. Was sich auch daran zeigt, dass sie sich nach 20 Jahren immer noch siezen. Witek meint lakonisch: „Das ist gesünder.“ Und Krüger: „Ich musste vor der Wende lange genug jeden duzen.“ Ihre Devise: Ein wenig Distanz kann nie schaden.
Die beiden Geschäftsführer blicken jedenfalls zuversichtlich in die Zukunft, was sie nicht zuletzt mit einem neuen 2.600 Quadratmeter großen Produktions- und Bürogebäude an der Schwarzschildstraße/Johann-Hittorf-Straße untermauern. Der dreigeschossige Bau soll Anfang nächsten Jahres bezogen werden. Es ist gewissermaßen die Krönung einer gut funktionierenden Zweckgemeinschaft. Denn das Einzige, was zählt, ist die Firma, betonen beide unisono. Und was die anbelangt, befruchtet sich das Ost-West-Duo prächtig.